Altdorferin überraschte durch Vielseitigkeit

Autorin Muhr mal ganz anders

Zeigte sich und ihre Literatur von verschiedenen Seiten: Ursula Muhr. Foto: Spieß
Zeigte sich und ihre Literatur von verschiedenen Seiten: Ursula Muhr. Foto: Spieß2014/04/muhrbrunn_New_1397239232.jpg

BRUNN – Bei der Lesung von Ursula Muhr gab es einen Mix aus Büchern und alten und neuen Texten, in fränkischer Mundart und auf Hochdeutsch. Wer sie als Verfasserin von Krimis kannte, zuletzt erschienen ist „Wallensteins Tod“, oder von Kinderbüchern, der wurde – positiv – überrascht. Die gebürtige Altdorferin zeigte vor allem in ihren lebendig vorgetragenen Dialekt-Texten ganz neue Seiten.

Muhr erzählte einleitend von ihrer Zeit als Stadtschreiberin in Gotha, wo es zu ihren Verpflichtungen gehörte, wöchentlich die Kolumne „Blicke auf Gotha“ zu verfassen. Obwohl sie anfangs große Bedenken hatte, diese regelmäßigen Forderungen erfüllen zu können, sind gerade diese Texte für die Autorin im Nachhinein sehr angenehme Erinnerungen und spiegeln die enge Bindung an diese Stadt auf besondere Art und Weise wider.

Da sie damals ihren Wohnsitz in München hatte, war häufiges Abrufen der eingegangenen Telefonate auf ihrem Anrufbeantworter nötig. In „Computer unter sich“ berichtete sie von der unheilvollen „Beziehung“ ihres ABs zur Außenwelt, von der Schreckensvision, alle Computer könnten sich untereinander verständigen.

Ganz konkreten Irrsinn brachte anschließend ihr Text „Die Crux mit den Briefmarken“ auf den Punkt: Herrlich paradox etwa die Post-Bestimmungen beim Versand von Plakaten in Rollen oder bei Büchersendungen – da braucht’s keine Satire zusätzlich.

Diese kabarettistischen Einlagen – engagiert und temperamentvoll vorgetragen – zeigten den genauen Blick Muhrs auf die Befindlichkeiten und vor allem die Unsäglichkeiten unseres Lebens.

Eher unheimlich war danach die Schilderung des Mordes aus ihrem Gotha-Krimi „Kinderspiel“, als die völlig resignierende Tochter gesteht und detailliert beschreibt, wie sie ihren eigenen Vater erstochen, erwürgt und erschlagen hat. Dies, so die Autorin, sei die Ausgangsszene gewesen, nach der sie den ersten Krimi mit Hauptkommissarin Maiwald entwickelt habe.

Fränkische Kostbarkeiten

Nach der Pause wurden die gespannt lauschenden Gäste mit einer ganz anderen Seite Ursula Muhrs konfrontiert, nämlich mit der Variante im fränkischen Dialekt.

Sie erzählte aus Kindheitszeiten und vom – natürlich absolut nachvollziehbaren – Kampf ihres Vaters um „echde fränggische Gniedler“. Aber auch von den vielen, schönen Wanderungen in der Region, bei denen stets der Vater besser wusste, wo es lang ging als der kleine Führer von Anton Leidinger, den die Mutter dabei hatte. Und der Onkel hatte dabei stets eine Abkürzung parat. Typisch fränkischer Humor lag auch in der „Gschichd vom ledsdn Worschdrädler“, die in philosophisch-akribischen Erwägungen durchdacht und abgehandelt wird. Aber es ist ja auch wirklich nicht einfach zu entscheiden, ob es, weil übrig geblieben, noch einmal in den Kühlschrank zurückgelegt werden sollte oder müsste oder dürfte …

Zeitgeistiges

Auch die Gegenwart bekam dann noch ihr Fett ab. „Wurmalarm im Kreml“ etwa war ein treffend gezeichnetes Bild von der Presse, die sich nicht entblödet, aus einer nicht vorhandenen Maus einen Elefanten zu machen.

Die „Werbungsverächterin“ Muhr entfachte mit „Genau nach Rezept“ ein kleines Trommelfeuer, da sprachen die klug gewählten Zitate für sich: Diät, Durchfall, Verstopfung, Inkontinenz, Haarausfall, Blut beim Zähneputzen … diesen allabendlichen Lästigkeiten im deutschen Fernsehen kann sie halt so gar nichts abgewinnen.

Schon eher den weisen Einsichten ihrer Enkelin, die bei einem gemeinsamen Zoobesuch angesichts einer Schildkröte ins Grübeln kommt und ihr plötzlich eröffnet, sie wüsste jetzt „wie es geht“: Man wird alt und älter und schließlich stirbt man. Und da die Oma schon „schrumpfig“ ist …

In der kleinen Zugabe machte Muhr dann noch eine kleine Werbung in eigener Sache und las aus ihrem im Mai – passend zur Fußball-WM – erscheinenden Kinder-Comic „Fußballweltmeisterschaft der Tiere“. Wer die nächste Lesung aus dem Altdorf-Krimi „Wallensteins Tod“ nicht verpassen möchte: Sie findet statt am 21. Mai in der Gemeindebücherei in Schwarzenbruck.

Erich W. Spieß

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