EZELSDORF/ NEUENDETTELS-AU – Zur Überbrückung einer Elternzeit übernahm die Ezelsdorfer Künstlerin Andrea Thema im Januar 2013 die kommissarische Leitung der Paramentik Neuendettelsau, die älteste evangelische Paramentenwerkstatt Deutschlands. Nun ist sie nach eineinhalb Jahren im Dienst verabschiedet worden. Paramente sind die im Kirchenraum und in der Liturgie verwendeten Textilien, die stets künstlerisch aufwendig gestaltet sind.
Oberin Erna Biewald lobte Themas Mut bei der Übernahme dieser Aufgabe, denn es standen grundlegende Umstrukturierungen in der Werkstatt an, es mussten neue Arbeitsplätze geschaffen werden. „Frau Thema, Sie haben mit großem Elan und Engagement diese kommissarische Tätigkeit übernommen und haben die Paramentenwerkstatt nach Ihren Vorstellungen umgestaltet“, sagte Oberin Erna Biewald anerkennend bei der Verabschiedung.In den letzten eineinhalb Jahren gestaltete Andrea Thema unter anderem den Chorraum in der Paramentenwerkstatt um – ein bedeutender Eingriff in die Tradition der Werkstatt. Der Chorraum diente seit 1917 der Paramentenwerkstatt als Arbeitsraum und wurde zu Löhes Zeiten als Betsaal erbaut. Da, wo einst Pfarrer Wilhelm Löhe Gottesdienst hielt, steht heute Themas Präsentationsaltar. In der Historie dieses einstigen Gotteshauses sicher ein Schritt, der in die Annalen eingehen wird. „Es ist ein Schau-Altar entstanden, der zum Mittelpunkt der Paramentik geworden ist“, so Biewald.
Andrea Thema kam auf Empfehlung von Professor Klaus Raschzok in die Paramentik Neuendettelsau und folgte damit einem Ruf. „Es war mir eine Ehre dieses Amt zu bekleiden “ so Andrea Thema. Sie war seit Gründung der weltweit ältesten Paramentenwerkstatt die vierte zivile Leiterin der Paramentik in Neuendettelsau.
Von Andrea Thema entworfene und von Rosa Penzko gefertigte Paramente schmücken zahlreiche Altare, Kanzeln und Lesepulte in ganz Europa. Die belieferten Kirchengemeinden sind vom künstlerischen Stil Andrea Themas und der Qualität der Arbeiten aus der Paramentenwerkstatt stets überzeugt. Jede Zeit, jede Epoche hat ihre spezifischen Möglichkeiten des Ausdrucks. Der Kunst, Paramente zu entwerfen, liegt auch die Kunst der Wahrnehmung des sakralen Raumes zu Grunde. So beeinflussen beispielsweise Farben und Lichtverhältnisse der Kirche die Wahl des textilen Materials. Gestaltung und Größe der vorhandenen Prinzipalstücke sind ebenfalls Grundlage für eine individuelle Gestaltung von Antependien. In Fragen der Materialwahl ist höchste Qualität und bei der Umsetzung ihrer Entwürfe solides Handwerk ihr Anspruch. Sie folgte darin der Tradition der Paramentik und bleibt als freischaffende Künstlerin mit der Paramentenwerkstatt Neuendettelsau weiterhin verbunden.
Fruchtbare Zusammenarbeit
In besonders enger Verbindung steht Andrea Thema aber auch mit der Textil-Künstlerin Gisela Leitner aus Altdorf. Als Gisela Leitner im Boten von Themas Berufung gelesen hatte, nahm sie sofort Kontakt auf und bot ihre Hilfe an. Gisela Leitner hat Andrea Thema zusammen mit der Weberin Sylvia Tillmanns bei der Aufrüstung des historischen Webstuhles der Werkstatt entscheidend unterstützt. So kann nun ein Doppelgewebe nach den gestalterischen Vorgaben Themas auf dem Flachwebstuhl hergestellt werden, das Stäbe aus unterschiedlichen Materialien einbindet. Neben ihrem großen Engagement in der Paramentenwerkstatt hat Andrea Thema in dieser Zeit auch „Das Kreuz im Raum” als ihre künstlerische Aussage entwickelt und mehrfach in unterschiedlicher Weise realisiert.
Die Arbeiten der Künstlerin überzeugten Dr. Hermann Schoenauer, den Rektor der Diakonie Neuendettelsau, und so bekam Thema 2013 eine Einladung zur Altarraumgestaltung im Andachtsraum des Kompetenzzentrums „Beraten – Wohnen – Pflegen“ in München. Dieser Andachtsraum ist inzwischen realisiert und wird im Herbst eingeweiht werden. Hier hat Thema in Zusammenarbeit mit feddersenarchitekten Berlin sowohl als freischaffende Künstlerin als auch als Paramentikerin die gesamte Altarraumgestaltung und die Entwürfe der Paramente übernommen. „In diese Richtung werde ich weitergehen. Ich werde nun wieder Zeit haben für meine freie Kunst, für große Installationen, und ich werde weiterhin Kirchengemeinden beraten sowie Entwurfsarbeit für Paramente tätigen.“
Andrea Themas Zeit in der Paramentenwerkstatt war kurz aber nachhaltig. Die Künstlerin arbeitet jetzt wieder ausschließlich freischaffend und freut sich nun auf künftige Projekte und über jede Kirchengemeinde, die für eine Beratung auf sie zukommt.
