NÜRNBERGER LAND (ass) – Die Hauptschulen im Landkreis blicken in eine ungewisse Zukunft: Während die größeren Standorte wie Röthenbach über die geplante Einführung der Mittelschule jubeln, wird es immer enger für Schnaittach, Hartmannshof oder Engelthal. Schulverbünde sollen jetzt die Unterrichtsversorgung garantieren, sogar Lauf ist davon betroffen. Die Weichen werden am Mittwoch in der Aula der Bertleinschule gestellt, wo sich alle Bürgermeister und Rektoren zum «Dialogforum» treffen.
Das Nürnberger Land ist damit Teil eines bayernweiten Modellprojekts: In insgesamt acht Landkreisen werden die «Dialogforen» zunächst erprobt, danach auf den ganzen Freistaat übertragen. Die Gesprächsrunden sollen dem Schulamt dabei helfen, die Bedürfnisse der Gemeinden kennenzulernen – und dementsprechend die Schulentwicklung zu planen. Erklärtes Ziel ist es laut Kultusministerium, Verbünde dort zu organisieren, wo einzelne Schulen nicht zu halten sind.
Kritiker wie Klaus Wenzel aus Schnaittach, der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), befürchten allerdings, dass nun einfach die Bürgermeister entscheiden sollen, «welche Hauptschule vor die Hunde geht». Die Schulform steht vor einer gewaltigen Umwälzung, nachdem Kultusminister Ludwig Spaenle angekündigt hat, ab dem Schuljahr 2010/11 in Bayern die Mittelschule einführen zu wollen. Sie soll dafür sorgen, dass in Zukunft noch mehr Hauptschüler einen Abschluss bekommen, der möglichst gleichwertig mit dem der Realschüler ist.
Das Problem: Im gesamten Landkreis Nürnberger Land erfüllt derzeit wohl nur die Geschwister-Scholl-Hauptschule in Röthenbach alle notwendigen Kriterien, um als Mittelschule anerkannt zu werden: Sie hat über 300 Schüler (nämlich 521), einen M-Zug, Ganztagesbetreuung und berufsvorbereitende Angebote. Was Roland Pecher, den Röthenbacher Rektor, jubeln lässt, wird für seine Kollegen zur Bedrohung. Denn wer will sein Kind schon auf eine Hauptschule schicken, wenn es doch anderswo einen viel besseren Abschluss bekommt? «Einige kleinere Schulen werden auf der Strecke bleiben», ist Wenzel überzeugt.
Der Ausweg heißt zumindest in Lauf: Schulverbund. Wie die PZ erfuhr, laufen zwischen Bertlein- und Kunigundenhauptschule bereits ganz konkrete Gespräche über ein Zusammengehen. Notwendig sei dies schon aufgrund stetig sinkender Schülerzahlen, so Ursula Höcht, die Leiterin der Bertleinschule. Im kommenden Herbst werden dort zum ersten Mal unter 300 Jugendliche unterrichtet. Bei den Wahlpflichtfächern und den Zusatzangeboten muss die Rektorin längst improvisieren. «Und ich verlange gar keine Arbeitsgemeinschaft Schach oder Fotografie», so Höcht.
Zusammen allerdings hätten die beiden Laufer Schulen recht gute Chancen, zur Mittelschule zu werden: Links der Pegnitz gibt es M-Klassen, rechts Ganztagesangebote. Wie aber ein Verbund konkret aussehen könnte, steht noch in den Sternen: Müssen die Jugendlichen pendeln? Gibt es nur noch einen Schulleiter? Höcht ist «deprimiert und frustriert» über so viel Unsicherheit.
Ähnlich schlecht ist die Stimmung in Schnaittach, auch wenn sich Franz Semlinger, der Leiter der kleinsten Hauptschule im PZ-Gebiet, nicht auf Spekulationen einlassen mag: «Wir wissen ja gar nicht, wie viele Mittelschulen fürs Nürnberger Land geplant sind.» Doch dass es Überlegungen für eine Kooperation entweder mit Lauf oder Eckental gibt, ist kein Geheimnis. Ist der Standort im Oberland mit seinen rund 200 Schülern auf Dauer zu klein? Diese Frage stellt sich trotz der zahlreichen Erfolge, die Semlinger vorweisen kann. Noch immer finden fast alle seiner Schüler eine Lehrstelle.
Schnaittach hatte gerade erst sein ganz eigenes Modell einer regionalen Schule mit mittlerem Abschluss entwickelt (wir berichteten), in Zusammenarbeit mit dem BLLV-Präsidenten Klaus Wenzel. Doch ein entsprechender Antrag wurde vom Kultusministerium noch nicht beantwortet. Wenzel indes sieht die geplanten Verbünde sehr kritisch: «An diesem Projekt verdienen vor allem die Busunternehmen.»
Für ihn ist das ganze System «verkorkst». Die Eltern hätten kein Interesse mehr an dem Abschluss, den die Hauptschule verleihe. Doch die Staatsregierung scheue aus ideologischen Gründen vor einer grundlegenden Reform zurück. Modularisierung heißt dagegen sein Stichwort: Flexiblere Stundenpläne und deutlich mehr Freiheit für die Kommunen. So oder so: 2010/11 wird sich nach Absicht des BLLV-Präsidenten die Zukunft der Hauptschule endgültig entscheiden. «Dann geht es ratzfatz.»