Erntegemeinschaft in Vorderhaslach

Jetzt kann jeder Bio-Bauer werden

Projektstart mit Zwiebeln: Uschi Schulz hat in Vorderhaslach bereits die ersten Samen für die Erntegemeinschaft ausgesät. Foto: D. Seitz2014/01/5_2_1_2_20140125_BAUER.jpg

VODERHASLACH — Mit einem in Süddeutschland neuen Konzept kann jetzt in Vorderhaslach jeder ein ökologischer Landwirt werden: Auf 1,6 Hektar wachsen dort heuer allerlei Gemüsesorten für eine Erntegemeinschaft. Für 55 Euro im Monat kann jeder mitmachen, jeden Samstag wird dann die wöchentliche Ernte aufgeteilt.

Vielleicht werden in den kommenden Jahren sogar Honig, Eier, Brot und Bier dazukommen. Im ersten Jahr des solidarischen Landwirtschaftsprojekts der Hofgemeinschaft Vorderhaslach bauen Uwe Neukamm und Uschi Schulz aber erst einmal „nur“ Gemüse für ihre „Ernteteiler“ an. Das Prinzip ist einfach: Wer mitmacht, zahlt im Monat 55 Euro. Dafür werden auf der Hochfläche zwischen Schupf und Deckersberg Gemüse, Kürbis und Kartoffeln angebaut.

Jeder darf und soll immer Mal mit anpacken, den Großteil der Arbeit vor Ort erledigen allerdings die Landwirte der Demeter-Hofgemeinschaft und der Gruppierung „Herbula Rasa“ – sie werden von den anderen schließlich dafür bezahlt. Herbula Rasa, der Zusammenschluss einiger Hersbrucker Hobby-Gemüsegärtner, die in Vorderhaslach bisher gemeinschaftlich eine Ackerfläche bewirtschaftet haben, hat das Projekt maßgeblich mit angestoßen. Somit entsteht eine Gemeinschaft aus Erzeugern und Abnehmern.

Uwe Neukamm und Uschi Schulz haben es ausgerechnet: Auf den 1,6 Hektar, davon (0,4 Hektar Kartoffeln, 1,1 Hektar Gemüse und 0,1 Hektar Kürbis) wächst unter guten Bedingungen genug für rund 75 Menschen. 60 Ernteanteile sind zu vergeben, der Rest ist für die Erzeuger vor Ort. Dafür bringen sie eine Menge Arbeitskraft mit ein. Einmal pro Woche wird geerntet und gerecht geteilt, insgesamt 45 Salat-, Kräuter- und Gemüsesorten sind geplant. „Ein Ernteanteil ist ungefähr so viel, wie eine Person gerade noch verwerten kann“, erklärt Uwe Neukamm das System.

Natürlich werden die Erntekisten im März, wenn das Projekt startet, nicht so voll sein wie etwa im Sommer und Herbst – aber genau das ist das Kernthema der solidarischen Landwirtschaft: Ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was gerade auf dem heimischen Acker wächst. „Wir möchten den Verbraucher mit in die Verantwortung nehmen“, erklärt Uwe Neukamm. Für die Teilnehmer sei es dann schließlich deren eigenes Land, er als Bauer ist dann nur noch Angestellter der Erntegemeinschaft.

Ein Konzept, von dem alle Seiten profitieren sollen: Die Hofgemeinschaft Vorderhaslach hat einen festen Stamm an Abnehmern, die Kosten sind dann bereits vorfinanziert. Und die Verbraucher wissen, wo die Feldfrüchte herkommen, von der Aussaat bis zur Ernte haben sie vollen Einblick in das System. Zudem sind die Produkte in Sachen Frische denen aus dem Supermarkt weit überlegen.

„In den Köpfen geschieht wahnsinnig viel, wenn man sieht, welche Arbeit am Gemüse hängt“, berichtet Öko-Landwirtin Andrea Spoerry vom Wallsdorfer Reimehof, die schon öfters an ähnlichen Projekten beteiligt war. Auch auf dem Ziegenhof in Wallsdorf entsteht gerade ein Projekt der Solidarischen Landwirtschaft: Für 18 Euro pro Woche bekommt der Abnehmer dann das, was eine Ziege liefert: Sieben Liter Bio-Ziegenmilch oder das, was daraus gemacht wird. Zum Beispiel ein Liter Milch oder Joghurt, 400 Gramm Frisch-, 190 Gramm Hart- und 240 Gramm Weichkäse.

Nicht nur das gemeinsame Bio-Essen in der WG war für Andrea Spoerry immer ein Erlebnis, sondern auch das Schuften und Schwitzen bei den gemeinschaftlichen Arbeitsaktionen auf dem Bio-Bauernhof, berichtet sie bei der Info-Veranstaltung von ihrer Erfahrung mit der solidarischen Landwirtschaft. Ganz nebenbei nahm der Verbrauch an Plastiktüten rapide ab, weil immer frisches Gemüse im Keller lagerte.

Neben aller romantischen Vorstellung von der Arbeit auf dem Bio-Hof muss natürlich auch die betriebswirtschaftliche Seite stimmen. Das Saatgut haben die Vorderhaslacher schon gekauft, allerlei Betriebskosten stehen außerdem an: Folientunnel, Heizung fürs Gewächshaus, Kompost, Geräte, Arbeitskraft, Büroarbeit und vieles mehr schlagen mit knapp 50.000 Euro pro Betriebsjahr zu Buche, was durch die Mitgliedsbeiträge abgedeckt wird.

Damit startet das Projekt heuer erst einmal klein, doch die Zukunftsmusik klingt ganz gut: Die gemeinschaftliche Erzeugung von Brot, Bier und Eiern wird bereits geplant, vielleicht kommen auch noch Honig und Fleisch dazu. Auch einen eigenen Ausgaberaum könnte sich die Erntegemeinschaft irgendwann zulegen. Bis jetzt wird noch nach einer Ausgabestelle in Hersbruck gesucht, der Rest ist am Laufen. Die ersten Samen sind bereits gesät. 27 Ernteanteile sind derzeit noch zu vergeben.

Gründungsfest für alle, die einen Anteil der Erntegemeinschaft erwerben möchten, ist am morgigen Sonntag, 26. Januar, um 15 Uhr im „na und“ am Hersbrucker Bahnhof rechts. Informationen zum Projekt des Reimehofs unter www.reimehof.de

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