Einspruch gegen „Massenbierhaltung“

Das richtige Bier zum Vanille-Eis

Karin und Ralph Hertrich in ihrer Haus-Brauanlage bei der Arbeit. Die Würze für die nächste Bier-Spezialität ist schon so gut wie fertig. | Foto: Spandler2016/06/feucht-brau-label-hertrich.jpg

FEUCHT – 2016 steht ganz im Zeichen des 500 Jahre alten Reinheitsgebots. Das Thema regt offensichtlich auch zu allerlei innovativen (Geschäfts)Ideen an, Stichwort Craft Beer. Mit Einfallsreichtum und Elan hat das Ehepaar Karin und Ralph Hertrich vor einem halben Jahr ein Start-up gegründet: In ihrer „Hopferei“ brachten sie die Marke VETO auf den Markt und entwickelten die beiden Biersorten „Hopfentiger“ und „Schokobär“.

Neben einer Schwäche für gutes, handwerklich hergestelltes Bier und einer gewissen familiären Vorbelastung war wohl die Lust am Experimentieren ausschlaggebend für den Einstieg in das neue Metier und – der Frust über die „Massenbierhaltung“, die leider auch im Fränkischen immer mehr um sich greift. Dagegen wollen die Hertrichs ein Veto einlegen, und so heißt auch ihre Bier-Linie VETO. Sie steht für kreative Biere, gemacht von kreativen Brauern und wendet sich entschieden gegen die geschmackliche Gleichschaltung in der Bierproduktion aus Gründen der Ökonomie.

Ralph Hertrich hat eine Ausbildung zum Bier-Sommelier gemacht, diverse Fachliteratur studiert und sich dem Thema über Brauseminare genähert. Auf seine Frau wirkte die neue Leidenschaft ansteckend und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der IT-Spezialist und die Steuerfachgehilfin eine kleine Hausbrau-Anlage in den Keller stellten. 2012 war das, und bis zum Dezember 2015 entwickelte der Fischbacher, der seit 2000 in Feucht wohnt, diverse Sud-Rezepte, veränderte, verbesserte oder verwarf sie. Im Trial-and-error-Verfahren reifte sein Brauverständnis. Bald konnte er auf eine ganze Reihe von gelungenen Rezepten zurückblicken: hopfige Weizensorten, Bockbiere, Stouts, Pale und Red Ales, Witbiere und auch ein Chili-Ale. Was lag näher, als auch andere an diesem neu entwickelten Biergenuss teilhaben zu lassen?

„Hopfentiger“ und „Schokobär“

Seit einem halben Jahr führt Karin Hertrich das Label, ihr Mann hat zunächst die beiden Rezepturen „Hopfentiger“ und „Schokobär“ perfektioniert, die von ihrem Partner Jörg Binkert in Breitengüssbach bei Bamberg auf einer großen Brauanlage umgesetzt werden. Im Dezember 2015 brachte die Hopferei mit dem „Schokobär“ – einem englischen Stout – ihre erste Brauspezialität heraus. Die zeichnet sich aufgrund einer Kombination von verschiedenen Malzen durch eine Espresso-Note aus, wenn das Bier sehr kalt ist, und erinnert an Schoko-Aromen, wenn es wärmer wird – ein „Dessertbier“, das auch ohne weiteres zum Kuchen oder Vanilleeis genossen werden kann. Bereits im Januar folgte der „Hopfentiger“, ein India Pale Ale mit fruchtigem Duft und einer herben Bittere, das gut zu scharfen Speisen passt. Beide Biere haben mit mindestens sieben Volumen-Prozent einen ordentlichen Alkohol-Gehalt. Und natürlich gibt es zu jedem Rezept eine Geschichte. Der „Hopfentiger“ zum Beispiel heißt so, weil früher die Briten in der indischen Kolonie sich ihr Bier per Schiff liefern ließen, was einen hohen Alkohol-Gehalt und einen starken Hopfenanteil nötig machte, damit die Haltbarkeit garantiert wurde. Nach dem Erhalt in Indien sollte der hochprozentige Gerstensaft wieder verdünnt werden. Doch die Engländer auf dem Subkontinent fanden, dass das Bier auch ohne Wasserzusatz gut schmeckte und lieferten so die Inspiration zur Rezeptur des modernen „Hopfentigers“.

Mittlerweile werden in Breitengüssbach sechsmal jährlich Sude à 25 Hektoliter gebraut und auf die kleinen 0,33-l-Flaschen mit den modernen, stilisierten Etiketten abgefüllt.

„Klinken putzen“

Und wie werden die neuen Sorten vertrieben? „Die traditionellen Großhandelswege sind in der Craft-Beer-Szene nicht üblich, hier wird ja sehr auf Regionalität gesetzt“, berichten die Teilzeit-Unternehmer, „und das bedeutet natürlich Klinken putzen.“ Aber erstaunlicherweise funktioniert auch das Netzwerk der Brauer- und Getränkehändler-Communities ganz gut.

Mittlerweile gibt es VETO-Bier in 20 Märkten, vorzugsweise in Spezialgetränkeläden, wo Bier noch flaschenweise verkauft wird. Zwei Nürnberger Großhändler haben dennoch schon angebissen. In Feucht kriegt man die Biere im Bauernladen und in Fischbach im Café Fink. „Im Großen und Ganzen sind wir aber unsere eigene Spedition“, schmunzeln die beiden Spezialitätenbrauer, vor allem, wenn sie ihre Produkte auch in ferneren Regionen absetzen wollen. Dann fahren sie Touren in den Norden und Osten der Republik, um ihr Bier bei den Kunden persönlich zu bewerben. Das kostet Zeit, „macht aber auch Spaß“.

Die Antwort auf die Gretchen-Frage zum Reinheitsgebot fällt ein bisschen zwiespältig aus. „Natürlich würden wir das nicht abschaffen“, versichert Ralph Hertrich.

Aber die Möglichkeit, die es in anderen Bundesländern gibt, durch Ausnahmegenehmigungen ein erweitertes Geschmacksspektrum mit zusätzlichen natürlichen Zutaten anzubieten, die würde man schon gern wahrnehmen.

Doch auch im Rahmen des Reinheitsgebots kann man raffinierte Geschmacksvarianten erzielen. Eine davon ist die Zugabe von Hopfenaromen beim Lagern und nicht ausschließlich beim Kochen, was attraktive Ergebnisse liefert.

Da entstehen dann Zitrusnoten, Anklänge an Melonen oder Gletscher-Eis, und all dies reinheitsgebotskonform ausschließlich mit Gerstenmalz, Hopfen und Wasser gebraut.

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