Woche der Justiz am Amtsgericht Hersbruck

Damit der Nachlass nicht zum schweren Erbe wird

Hersbrucker Amtsgericht | Foto: M. Strauß/Archiv2014/05/IMG_4537.jpg

HERSBRUCK – Wenn’s ums Erbe geht, wird’s ernst. Viele Familien sind schon am Streit um den Nachlass zerbrochen. Damit es beispielsweise im Todesfall der Eltern nicht so weit kommt, ist es wichtig, klare Verhältnisse zu schaffen, erklärt Bernd Tenschert. Der Rechtspfleger beantwortete im Rahmen der „Woche der Justiz“ am Amtsgericht Hersbruck Fragen rund um das Thema Nachlassrecht.

Gekommen waren zwar nur sehr wenige Interessenten, sie hatten dafür aber ganz konkrete Fragen an den Fachmann: Muss wirklich jede Gabel oder jeder Stuhl im Nachlass-Verzeichnis dokumentiert werden? Wie wird der Wert von geerbten Immobilien bestimmt? Kommt das Finanzamt auf den Erben zu oder muss man die Erbschaftssteuer selbstständig abführen?

„Das Nachlassgericht überprüft überhaupt nicht, ob alle Wertgegenstände im Haushalt des Verstorbenen von den Erben dokumentiert wurden“, erklärte Bernd Tenschert. „Die einzigen, die das interessiert, sind die Mitarbeiter des Finanzamts.“ Und genau da geht es schon los: Denn wer beim Hersbrucker Finanzamt nach Erbschaftssteuer und Co. fragt, wird keine Auskunft bekommen. Die zuständige Erbschaftssteuerstelle sitzt nämlich in Amberg. Und das weiß in der Regel schon Bescheid, weil das Nachlassgericht Vermächtnisse ab 10.000 Euro an den Fiskus meldet. Die Forderungen kommen dann von selbst.

Gemeinsam mit dem Gutachterausschuss des Landratsamtes bestimmt das Gericht dann zum Beispiel den Wert einer Immobilie. Das Problem: Das Finanzamt errechnet den Wert ganz anders, nämlich zum Beispiel anhand zu erwartender Mieteinnahmen. „In der Regel ist eine Immobilie beim Finanzamt ein Viertel weniger Wert, als bei uns“, so Tenschert. Ein echtes Problem. „Das geht so lange gut, bis es dem Bundesgerichtshof zu bunt wird und er wieder ein Urteil fällt“, prophezeite der Rechtspfleger.

Ein Problem, das sich immer häufiger stellt, sind kostenpflichtige Online-Accounts. Denn in den wenigsten Fällen hinterlassen die Verstorbenen ihren Nachkommen die Passwörter dafür. „Ich fände es eine gute Idee, sie zusammen mit dem Testament zu hinterlegen“, sagte Tenschert, „denn wenn der Gerichtsvollzieher bei den Erben in der Tür steht, ist es zu spät.“

Doch erst einmal müsse ein Testament erstellt werden und das sei eine Wissenschaft für sich: Wer bestimmten Personen etwas vererben will, muss sie namentlich festhalten, am besten auch die jeweiligen Anteile, sonst geht der Gesetzgeber von gleichen Teilen für alle aus.

Außerdem muss der Verfasser des Testaments testierfähig sein. Testierfähig ist grundsätzlich jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist. Wer zum Beispiel eine geistige Behinderung hat, oder wegen einer Demenz die Tragweite einer Entscheidung nicht mehr erkennen kann, ist es hingegen nicht. Das eigentlich Problem zeigt sich meistens erst dann, wenn es schon zu spät ist: Nämlich dann, wenn das Testament geöffnet wird und einer der Erben die Testierfähigkeit der Erblassers anzweifelt. „Deshalb sollte man sich bei leichten Anzeichen von Vergesslichkeit vom Hausarzt die geistige Fitness attestieren lassen“, gab Bernd Tenschert den Interessierten als Tipp mit auf den Weg. Dann ist später auch nachweisbar, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt der Testamentserstellung noch fähig dazu war.

Eine Alternative zum Testament ist ein Vertrag zugunsten Dritter, zum Beispiel ein Sparbuch bei der Bank, das mit dem Tod auf eine bestimmte Person übergeht. Das ist dann kein Nachlass, sondern eine Schenkung, für die auch Steuern anfallen. Hier gelten die gleichen Freibeträge wie für die Erbschaftssteuer. Bei Kindern und Enkeln sind zum Beispiel 400.000 Euro frei. Schwieriger wird es bei Patchworkfamilien, denn das deutsche Erbrecht orientiert sich an der Blutsverwandtschaft.

Gibt es kein Testament, gilt dementsprechend die gesetzliche Erbfolge: zuerst Ehegatten, Kinder (auch adoptierte, nicht hingegen Zieh- und Stiefkinder), dann Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten. An dritter Stelle erben Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, wenn auch die nicht mehr leben, erben Urgroßeltern, Großonkel und -tanten usw.

Und was tun, wenn das Erbe verschuldet ist? „Der Hinterbliebene hat nur sechs Wochen Zeit, den Nachlass abzulehnen“, erklärte Bernd Tenschert, „das wissen die wenigsten, da muss man wirklich aufpassen.“ Denn noch nach Jahren können plötzlich Gläubiger vor der Tür stehen, die Forderungen haben, von denen keiner etwas wusste. Deshalb gab der Rechtspfleger zum Abschluss einen Tipp, der Hinterbliebenen viel Ärger ersparen kann: „Reden Sie mit demjenigen, solange es noch geht.“

In der „Woche des Justiz“, die noch bis Freitag läuft, werden am Amtsgericht Hersbruck täglich von 9 bis 12 Uhr Infoveranstaltungen angeboten. www.justiz.bayern.de/gericht/ag/heb/woche-der-justiz/

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