RÖTHENBACH — Hersbruck hat es vorgemacht, zieht Röthenbach nun nach? Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens wollen, dass die Stadtwerke vollständig zurück in den Besitz der Kommune kommen. Röthenbach soll demnach mit der N-Ergie über einen Rückkauf jener Anteile verhandeln, die 2000 an die Nürnberger Aktiengesellschaft verkauft wurden.
Der Zeitpunkt des Bürgerbegehrens – mitten im Kommunalwahlkampf – ist kein Zufall: Hinter der Aktion stecken Freie Wähler und Grüne, die sich eine unabhängige Energieversorgung auf die Fahnen geschrieben haben. Sie sammeln nun Unterschriften, mit denen der Stadtrat dazu aufgefordert werden soll, erste Verhandlungen über einen Rückkauf einzuleiten. Knapp über 800 wahlberechtigte Röthenbacher müssen unterzeichnen, dann kann sich das Gremium entscheiden, ob es dieser Aufforderung folgt oder es auf einen Bürgerentscheid – also eine Abstimmung an den Wahlurnen – ankommen lässt. Angepeilt sind sogar 1000 Unterschriften.
„Für uns ist das Thema so wichtig, dass wir die Bürger beteiligen wollen“, sagt Hans-Carl Rathjen von den Freien Wählern. Bewusst habe man nicht einfach einen Antrag im Stadtrat gestellt. Beide Gruppierungen erhoffen sich durch einen Rückkauf jener 49 Prozent der Stadtwerke, die der N-Ergie gehören, vor allem zusätzliche Einnahmen. Rathjen argumentiert mit der Stadtwerke-Bilanz 2011: Damals flossen von rund 619 000 Euro Gewinn nur 316 000 Euro in das Stadtsäckel, der Rest ging an den Minderheitsgesellschafter: immerhin 303 000 Euro. Ein Großteil davon wiederum findet sich im Nürnberger Stadthaushalt wieder, hält die Metropole doch Anteile an der N-Ergie. Man sehe nicht ein, Nürnberg mit „Röthenbach-Geld“ zu sponsern, so die Argumentation der Unterstützer, die zudem wollen, dass die Stadtwerke mehr als bisher in regenerative Energien investieren.
Klaus Hacker, Bürgermeisterkandidat von Freien Wählern und Grünen, sagt: „Man muss erst einmal etwas investieren, wenn ich etwas sparen will.“ Aber wie viel müsste Röthenbach berappen, um wieder Alleineigentümer zu sein? Die Anteile wurden 2000 für rund 2,7 Millionen Euro an die Nürnberger verkauft. Damals war die Gasversorgung noch unabhängig, so dass es rechnerisch nur um 40 Prozent der Stadtwerke ging. Später – durch die Fusion der Gasversorgung mit der Stromsparte – wuchs der Einfluss der N-Ergie weiter.
Mit 2,7 Millionen Euro wird Röthenbach heute allerdings nicht auskommen. Schätzungen gehen von 4,5 bis 5 Millionen Euro für den Deal aus. Als Hersbruck im Oktober 2013 seinen kommunalen Energieversorger wieder vollständig in die Hand der Stadt brachte (die Pegnitz-Zeitung berichtete), kostete das 5,1 Millionen – beide Unternehmen haben vergleichbare Größe. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die N-Ergie habe sich nicht gerne von ihrer Beteiligung getrennt und Hersbruck habe dementsprechend tief in die Tasche greifen müssen.
Folgt den Initiatoren des Bürgerbegehrens, lohnt sich diese Ausgabe: Schon nach einem Jahrzehnt, vielleicht auch erst nach 15 Jahren sei der Kauf durch die jährlichen Gewinne amortisiert. Allerdings: Der Jahresabschluss 2011, den sie als Beispiel heranziehen, war auch ein besonders guter. Nach Angaben der Röthenbacher Kämmerei wurden im städtischen Haushalt in den vergangenen beiden Jahren nur 217 000 Euro und 182 000 Euro als Gewinnbeteiligung verbucht.
Hinzu kommt, dass Röthenbach ohnehin seine Rücklagen so gut wie aufgebraucht hat und große Ausgaben – ob für die Sanierung der Seespitzschule oder den künftigen Marktplatz an der Rückersdorfer Straße – bevorstehen. Aktuell liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei 519 Euro. Wobei: Hersbrucks Schulden waren zum Zeitpunkt des Rückkaufs fast doppelt so hoch.
Was denkt der Stadtwerke-Geschäftsführer, möchte er gerne weg von der N-Ergie? „Das ist eine politische Entscheidung, die ich nicht kommentieren kann“, sagt Waldemar Munkert. Besonders gegängelt fühlt er sich von den Nürnbergern allerdings nicht – hier widerspricht er Freien Wählern und Grünen, die einen starken Einfluss der N-Ergie auf die Stadtwerke ausgemacht haben. Immerhin: Munkert zufolge wäre der Schritt in die Unabhängigkeit nicht mit wesentlichen Mehrkosten verbunden, die Stadtwerke würden auch ohne den zusätzlichen Gesellschafter weiterarbeiten wie bisher.
Warum hat Röthenbach 2000 überhaupt Anteile veräußert? „Im liberalisierten Strommarkt“, so Munkert, „hat sich die Stadt Vorteile erhofft“. Vor allem herrschte viel Unsicherheit: Wie viele Kunden würden zu privaten Anbietern wechseln? 15 Prozent? 30 Prozent? Hohe Einbußen wurden befürchtet. Herausgestellt hat sich: Die Röthenbacher sind ihren Stadtwerken treu. Ob sie auch Geld investieren wollen? Unterschriftenlisten liegen an vielen Orten aus.