NÜRNBERGER LAND – Der Landesbund für Vogelschutz zieht eine Zwischenbilanz der „Stunde der Wintervögel“. Die Zählaktion läuft noch bis zum 16. Januar.
Die Auswirkungen der derzeit milderen Temperaturen haben sich an den Vogel-Futterstellen in den Gärten und auf den Balkons im Freistaat bemerkbar gemacht: Teilnehmer an der LBV-Zählaktion meldeten weniger Vögel als in den Jahren zuvor, wie eine erste Zwischenbilanz zur 18. Stunde der Wintervögel in Bayern zeigt. Die Gründe sind vielfältig: „Zum einen wirken sich die warmen Temperaturen auf das natürliche Nahrungsangebot für die Vögel aus und versetzen einige Vögel sogar schon in Frühlingsstimmung. Zum anderen hatten einige Baumarten in 2022 ein Mastjahr und bieten übermäßig Nahrung im Wald an.
Mit lediglich knapp 31 Vögeln pro Garten unterschreitet der diesjährige Durchschnitt den bisherigen historischen Tiefstwert aus dem Jahr 2021 sogar noch um einen Vogel. Noch bis zum 16. Januar können Teilnehmende dem LBV ihre Beobachtungen vom Wochenende schriftlich oder online melden unter www.stunde-der-wintervoegel.de.
Aufgrund der bereits länger anhaltenden milden Temperaturen finden derzeit viele Vögel genügend Nahrung in der Natur, da Samen und Früchte nicht von Eis und Schnee bedeckt sind. Sie kommen auch weniger zur Nahrungssuche in die Gärten und an die Futterstellen, da sie durch das warme Wetter bereits mit ihrem typischen Revierverhalten beginnen.
„Einige Vögel haben bereits angefangen zu singen, um ihr Revier für die diesjährige Brut gegenüber anderen abzugrenzen und so Rivalen von der Futterstelle und aus dem Garten verjagen“, so die LBV-Ornithologin.
Seltenere Besuche
Ein weiterer Grund, warum viele Menschen in Bayern derzeit weniger Vögel sehen, sind die Auswirkungen des zurückliegenden Mastjahres bei Eichen, Buchen und Fichten. „Das beschert den Vögeln bis jetzt viel Futter in ihrem natürlichen Lebensraum und sie fliegen auf Nahrungssuche seltener in die Siedlungen. Vor allem Waldvogelarten wie Buchfink, Buntspecht und Kleiber, aber auch Eichelhäher und Gimpel profitieren von einem Überangebot an Samen im Wald und wurden daher seltener beobachtet als im Vorjahr“, so Angelika Nelson.
Ein weiterer Trend, der sich abzuzeichnen scheint: Weniger nordische Wintergäste wie Bergfink, Erlenzeisig oder Wacholderdrossel machen dieses Jahr bei uns in Bayern Station. Grund ist vermutlich das milde Wetter, das auch in Nord- und Osteuropa vorliegt. „Ein nordischer Zugvogel wie der Bergfink, der bei schneereicher und eisiger Witterung in seinem Brutgebiet – den Birkenwäldern Skandinaviens – gerne auch mal in Massen nach Mitteleuropa ausweicht, ist in den Gärten des Freistaats derzeit nur sporadisch zu sehen“, erklärt die LBV-Ornithologin.
Langfristiger Minus-Trend
Da die durchschnittliche Anzahl der beobachteten Vögel bei Bayerns größter Mitmachaktion bereits seit Jahren langsam, aber stetig zurückgeht, spielt neben verschiedenen Faktoren in den einzelnen Jahren auch der langfristige Trend eine Rolle.
Rückgang der Amsel
In der vorläufigen Vogelhitliste im Freistaat landet der Haussperling (1.) aktuell klar vor der Kohlmeise (2.) und dem Feldsperling (3.). Dahinter erobert die Blaumeise (4.) einen starken vierten Rang vor der Amsel (5.), die eines ihrer schwächsten Ergebnisse einfliegen könnte. Teilweise ist diese Abnahme wohl auf das bereits begonnene Revierverhalten zurückzuführen. Auf Position 6 liegt trotz seines geringeren Auftretens der Buchfink, dahinter rangiert der Grünfink (7.). Platz 8 belegt die Elster vor der Rabenkrähe (9.). Das Rotkehlchen (10.) rundet die Top Ten der bisher am häufigsten beobachteten Wintervögel 2023 in Bayern ab.