NÜRNBERGER LAND – Die Grünen haben schon einen Stichtag festgelegt, CDU und CSU zumindest einen Zeitraum, in dem sie die K-Frage klären wollen. Wir haben die Ortsvorsitzenden der Region nach ihrer Meinung gefragt.
„Er ist präsenter, wacher und strahlt einfach mehr Charisma aus“, sagt Dr. Bernd Eckstein, der Ortsvorsitzende der Altdorfer CSU, über Markus Söder. Seiner Meinung nach muss die Union den Mann zum Kanzlerkandidaten küren, mit dem sie die besseren Siegchancen hat. Und da sprächen aktuelle Umfragen eine eindeutige Sprache. Eckstein ist sich „ziemlich sicher“, dass Söder das Rennen macht. „Er wird nicht voranpreschen, sondern warten, bis sich die Stimmen mehren, die nach ihm rufen“, sagt Eckstein und lobt die abwartende Haltung des bayerischen Ministerpräsidenten: „Das hat er taktisch schon wirklich gut gemacht.“
Als Koalitionspartner wünscht er sich die FDP, auch wenn die Umfragen das momentan nicht hergeben. Sollten es die Grünen werden, sieht er aufgrund inhaltlicher Differenzen harte Verhandlungen auf seine Parteifreunde zukommen. Einen Wunschnachfolger für Markus Söder in Bayern hat Eckstein auch schon: Joachim Herrmann.
„Markus, bleib in Bayern“
Sein Parteikollege Thomas Kraußer tut sich da nicht ganz so leicht. Der Leinburger Bürgermeister und Ortsvorsitzende hält freilich auch zu Markus Söder, spricht aber gleichzeitig von einem großen Verlust für den Freistaat, sollte der nach Berlin gehen. „Mein Herz sagt: Markus, bleib lieber hier in Bayern.“ Als Nachfolger könnte Kraußer sich allenfalls Ilse Aigner als Ministerpräsidentin vorstellen. Nicht vergessen hat Kraußer indes die vergangene Bundestagswahl. Noch immer ist er enttäuscht von Christian Lindners FDP, die bei der Regierungsfindung einen Rückzieher gemacht hat, in der Pandemie aber regelmäßig meint, es besser zu wissen. Für die Grünen findet Kraußer sogar lobende Worte: „Auch sie haben ihre Daseinsberechtigung. Ohne die Grünen stünden wir beim Umweltschutz nicht da, wo wir heute sind. Das muss man anerkennen.“
Eine ganz ähnliche Meinung hat Silvia Guth, die stellvertretende Ortsvorsitzende aus Burgthann. Sie hält die Grünen für den naheliegenden Koalitionspartner – gar nicht so sehr wegen der Umfragen, sondern wegen deren Inhalten. „Ein bisschen grün haben wir irgendwie doch alle im Herzen“, sagt sie nimmt an, dass sich Söder gegen Laschet durchsetzen wird. Freilich hält sie den bayerischen MP für geeignet und wünschte ihm im Fall der Fälle alles erdenklich Gute. Ihr ganz persönlich wäre es dennoch lieber, wenn Söder in Bayern bliebe. So viel wie er für den Freistaat und für Franken in den vergangenen Jahren erreicht habe. Bodenständigkeit, Erfahrung und seine Popularität bei der Jugend: Das sind laut Guth die Argumente, warum sich Söder zwischen Ostern und Pfingsten durchsetzen wird.
„Baerbock ist diplomatischer“
Anders als CDU/CSU haben die Grünen sogar einen festen Termin, an dem sie ihren Kanzlerkandidat der Öffentlichkeit präsentieren wollen. Heute in einer Woche soll es so weit sein. Heidi Mauer führt den Grünen-Ortsverein in Winkelhaid und tut sich schwer mit einer Entscheidung. Beide hätten ihre Stärken und brächten das entsprechende Fachwissen mit, „aber Robert Habeck fährt manchmal die härtere Linie, Annalena Baerbock ist da diplomatischer“. Laut Mauer bringt ihr das mehr Sympathie bei Wählern abseits der grünen Stammklientel. Die Chancen auf eine grüne Kanzlerin schätzt sie im Moment höher ein, wenn die Union Armin Laschet nominiert. Doch weiß sie auch, dass bis Herbst noch viel passieren und ein kurzfristiges Ereignis vieles verändern kann. Skeptisch steht Mauer einer schwarz-grünen Regierung gegenüber. „Wir sollten uns nicht zu sehr verbiegen“, meint sie. Denn beim Klimaschutz als zentrale Aufgabe sei mit der SPD und Teilen der Linken mehr zu erreichen.
Etwas weniger kritisch klingt das bei Helmut Schleif. „Früher waren die Schwarzen mal der Feind, aber unser Land hat sich verändert, die Grünen haben sich verändert und CDU/CSU ist auf viele grüne Projekte aufgesprungen“, sagt der Feuchter Ortsvorsitzende. Auch er sieht in Baerbock eine Politikerin, die in mancher Situation noch gelassen reagiert, wo Habeck sich provozieren lässt und zu granteln beginnt. Auf den Wahlkampf in Pandemie-Zeiten ist Schleif jetzt schon gespannt. Für den Fall, dass Präsenzveranstaltungen möglich sind, hat sein Ortsverein schon im vergangenen Herbst eine Einladung ausgesprochen: an Annalena Baerbock.
„25 Prozent sind realistisch“
In Schwarzenbruck haben die Grünen intern sogar eine kleine Wette laufen, wer kommenden Montag als Kanzlerkandidat vor die Mikrofone treten wird. Die Tendenz geht laut Vorstandsmitglied Kai-Uwe Kuwertz zu Baerbock. Besonders positiv findet er, dass die Grünen – anders als in der Vergangenheit – einen Weg gefunden hätten, die Frage friedlich und ohne öffentlichen Streit zu klären. „Sie werden sicher auch alles daran setzen, den Unterlegenen nicht zu beschädigen“, meint Kuwertz und prognostiziert, dass beide auch nach dem 19. April weiter als Team auftreten werden. Ferner geht er davon aus, dass die Grünen nach der Bundestagswahl an der Regierung beteiligt sein werden. „Dass die Grünen 25 Prozent erreichen, halte ich für sehr realistisch“, sagt er und nennt als Wahlkampfziel, im Herbst den Kanzler zu stellen. Am liebsten wäre ihm dabei eine grün-rot-rote Regierung, doch über Farbenspiele könne man sich immer noch Gedanken machen, wenn die Ergebnisse der Wahl vorliegen.