HERSBRUCK – Sabine Hess braucht derzeit Geduld: Seit Anfang Februar gibt es die „Herberge der Lebensfreude“ im Haus der Caritas in der Hersbrucker Grabenstraße, doch beim Besuch ist noch Luft nach oben. Für Hess ist es eine „spannende Phase“ die Entwicklung des Tageshospizes zu erleben. Sie hofft dabei auf mehr Rückendeckung zur Steigerung des Stellenwerts der Einrichtung durch Politik und Ärzteschaft.
„Es ist schon etwas anderes, als nur ein Büro zu verwalten“, gibt die Hospizkoordinatorin der Hospizinitiative der Caritas Nürnberger Land zu. Denn seit dem Start der „Herberge der Lebensfreude“ hat sich auch ihre Rolle gewandelt. Mit Herzblut engagiert sich Hess für dieses Pilotprojekt, hat Infos gesammelt, das Konzept mitentwickelt und bildet zusammen mit einer weiteren Koordinatorin und einer Palliativschwester, die für ebenfalls zum Angebot der Einrichtung gehörende pflegerische Leistungen da ist, die Stütze.
Gestemmt werden die beiden offenen Tage – dienstags und donnerstags von acht bis 16 Uhr – von Ehrenamtlichen. Kommen können alle, die an lebensverkürzenden Erkrankungen leiden. „Demenzkranke können wir nicht aufnehmen, da wir keine abgeschlossenen Räume haben. Die Gefahr, dass einer wegläuft, ist zu groß“, erklärt Hess.
Und was können die Gäste dann den ganzen Tag tun? „Die Ehrenamtlichen lassen sich ganz auf unsere Besucher ein. Je nach Wunsch und Verfassung gehen sie mit ihnen spazieren oder einkaufen, malen oder spielen mit ihnen.“ Auch Frühstück und Mittagessen sind in der Herberge möglich, wobei Letzteres gemeinsam mit den Erkrankten zubereitet wird.
Auch wenn sie sich vielleicht nicht zu hundert Prozent einbringen können, so werden sie dennoch einbezogen, weiß Hess. Ein Mann ist leidenschaftlicher Koch, kann es aber selbst nicht mehr. Also bringt er Rezepte in die Grabenstraße mit, eine Ehrenamtliche kocht diese und er sitzt dabei und verbessert und gibt Tipps. „Das gibt ihm richtig Auftrieb für sein Selbstwertgefühl.“
Er ist nur ein Beispiel, welche positiven Auswirkungen die Herberge haben kann. Etwas mehr Lebensfreude war auch bei einer Frau zu spüren, die bei ihren Besuchen gerne geredet hat, vor allem über Kunst und Maltechniken, verrät Hess. Dass auch Schlafen eine Bereicherung für jemanden sein kann, beweist das dritte Beispiel von Hess: Der Mann, der inzwischen verstorben ist, konnte einfach ausruhen, ohne sich Gedanken zu machen, dass er seiner Frau in diesem Moment keine Hilfe ist. Sie alle haben Lebensenergie getankt, meint Hess, was ihr auch eine Dame bestätigte: „Wenn ich nicht hierhergekommen wäre, wäre ich schon gestorben“.
Aber warum hat die Herberge nicht mehr Gäste? „Das dauert, bis es anläuft“, sagt Hess. Sie hat herausgefunden, dass die Tagespflege und auch das erste Tageshospiz in Salzburg fast eineinhalb Jahre gebraucht haben, um richtig angenommen zu werden. „Das Vertrauen in die Pflege ist rasch da“, denkt Hess, „aber der Hemmschuh ist das Denken ‚So weit ist es bei mir noch nicht’“.
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Ein Denkfehler, meint Hess. Sie ist der Auffassung, dass man seine Zeit so und so leben muss, da könne man sie auch positiv nutzen. „Das habe ich in der Hand, die Dauer nicht.“ Wenn es zu spät ist, nutzt das Angebot, rauszukommen aus dem Alltag, nichts mehr. Geht es dem Erkrankten noch gut, hat er etwas davon, ist sie überzeugt.
Das Zögern der Leute, ein Tageshospiz zu besuchen, kann Hess nachvollziehen. Hier würde sie sich mehr Hilfe von den Ärzten wünschen. Sie denkt, dass der Aufenthalt in der Einrichtung die Mediziner entlasten könnte: „Gerade bei solchen Krankheiten spielt die Psyche eine große Rolle. Wenn sich der Patient wohl fühlt und stabilisiert, ist das doch auch für die Behandlung gut – und es kostet die Leute ja nichts.“ Dass es auch anders geht, zeigt der Doktor der Dame. Er hatte sie zu Hess und Co. geschickt: „Das tut Ihnen gut.“
Weitere Informationen zur „Herberge der Lebensfreude“ auf Facebook unter „Hospizinitiative der Caritas im Nürnberger Land“.