BIs laden zwei Landtagsabgeordnete ein

Große Verunsicherung

Verena Osgyan (links) im Gespräch mit Mitgliedern örtlicher Bürgerinitiativen am Alten Kanal in Pfeifferhütte. | Foto: Alex Blinten2021/08/2021-08-06-10.04-scaled.jpg

PFEIFFERHÜTTE / EZELSDORF – Bürgerinitiativen laden Landtagsabgeordnete der Grünen zum Informationsaustausch ein. 
In Pfeifferhütte treffen sie sich mit Verena Osgyan aus Nürnberg, in Ezelsdorf mit Jürgen Mistol aus Regensburg.

Am Alten Kanal in Pfeifferhütte haben sich erneut Mitglieder von Bürgerinitiativen gegen einen möglichen Standort für ein ICE-Werk bei Schwarzenbruck und Mimberg getroffen. Eingeladen zum Informationsaustausch war auch die Landtagsabgeordnete der Grünen, Verena Osgyan. Von der Abgeordneten erhofften sich die Gegner eines ICE-Werks im Wald am Kanal eine eindeutige Positionierung – auch zur zwischenzeitlich gemeinsamen Linie aller Bürgerinitiativen, das gesamte Verfahren zur Standortsuche zu stoppen und ganz neu zu beginnen.
Die Hoffnung musste Osgyan allerdings enttäuschen.

Das Raumordnungsverfahren ist essenziell für die Standortfindung, stellt sie klar. Jenseits politischer Einflussnahme sollen die Fachleute in der Raumordnung aus den neun Arealen der Vorauswahl den geeigneten Standort bestimmen. Das könnte am Ende auch Altenfurt sein, trotz politischen Drucks und der Ankündigung der Staatsforsten, keinen Wald an die Bahn zu verkaufen. Es könnte sich aber auch herausstellen, dass keines der neun untersuchten Gebiete für ein ICE-Werk geeignet ist. Dann müsste die Suche erneut beginnen.

Sylvia Dürnberger aus Lindelburg moderierte das Gespräch am Kanal-Hafen in Pfeifferhütte. Sie äußerte ihren Ärger über die Politik, besonders über den Beschluss des Nürnberger Stadtrats, der Altenfurt ablehnt, aber den Bau des ICE-Werks in der Region befürwortet. „Wir wünschen uns hier eine Positionierung der Politik wie für Altenfurt“, fordert Dürnberger von Osgyan. Dr. Monika Maier-Peuschel beklagt die mangelnde Transparenz, mit der die Bahn ihr Projekt betreibe. Auf das Raumordnungsverfahren vertröstet zu werden, genügt ihr ebenso wenig wie all ihren Mitstreitern, die sich am Kanal mit Osgyan getroffen haben.

Dabei wird genau diese Linie derzeit quer durch alle Parteien von der Politik eingehalten. Gerade hat Rudolf Wirth von der Burgthanner BI gegen ein ICE-Werk ein Schreiben von Umweltminister Thorsten Glauber erhalten, in dem der Minister auf das anstehende Raumordnungsverfahren verweist. Von einem möglichen Stopp des Verfahrens, einer Neubewertung der Standorte im Vorfeld der Raumordnung und einem Neuanfang keine Rede. In der Bevölkerung gebe es große Verunsicherung, mahnt Dürnberger und verweist auf die Wasser- und Abwasserproblematik.

Große Mengen Trinkwasser sind nötig, um täglich 25 ICE-Züge zu reinigen, große Mengen Abwasser fallen an. Reichen die Tiefbrunnen im Schwarzachtal? Reicht die Kapazität der neuen Kläranlage in Schwarzenbruck? Alles Fragen, die aus Sicht der BI ungeklärt sind. Bei 25 ICE Zügen für jeweils 800 Passagiere kommt täglich der Wasserbedarf einer Kleinstadt zusammen, rechnet Maier-Peuschel vor.

Bürgerinitiativen sind sich einig

In ihrer Ablehnung sämtlicher neun Standorte sind sich zwischenzeitlich alle Bürgerinitiativen im Großraum einig, auch was den Standort Muna angeht, der in jüngster Zeit wiederholt als der vermeintlich beste ins Gespräch kam. Sie erhoffen sich jetzt Unterstützung aus der Politik, weil sie aufmerksam beobachtet haben, was in Nürnberg möglich ist. Für die hiesigen Standorte wünschen sie sich ebenfalls eine Ankündigung der Staatsforsten, keinen Wald zu verkaufen. „Was für Nürnberg gilt, muss auch für uns gelten“, sagt Michael Will aus Lindelburg. Privatwaldbesitzer allerdings müssten bei der Festlegung eines Standorts mit Enteignungen rechnen.

Osgyan beobachtet, dass die Bürger mit vielen Infrastrukturmaßnahmen konfrontiert sind: Autobahnbau bei Fischbach, die Juraleitung, der mögliche Sandabbau bei Röthenbach.Und jetzt kommt noch die Standortsuche für ein ICE-Werk dazu, das bringt das Fass zum Überlaufen.

Seit wenigen Wochen in Kenntnis

Gabriele Bayer, Dr. Jürgen Rupprecht und Markus Reuter, die Sprecher der Bürgerinitiative „Kein ICE-Werk in Ezelsdorf/Postbauer-Heng“, haben den Grünen-Landtagsabgeordneten Jürgen Mistol zum Informationsgespräch eingeladen. Der Oberpfälzer Abgeordnete aus Regensburg hat erst vor einigen Wochen von den Planungen der Bahn bezüglich eines ICE-Werkes im Großraum Nürnberg erfahren.
Rupprecht macht deutlich, dass ein nachvollziehbares Verfahren die Basis sei.

Die Bahn habe einen selbsterstellten Kriterienkatalog mit 33 Punkten, nach dem die Standorte untersucht werden. Dabei gebe es wohl unterschiedliche Gewichtungen. Diese Gewichtungen würden von Seiten der Bahn bislang nicht offengelegt. Rupprecht merkt ferner an, dass noch immer keine verlässliche Klärung erfolgt sei, ob ein ICE-Werk an diesem Standort in Konflikt mit der gesetzlich festgelegten B 8-Ortsumgehung in Postbauer-Heng gerät.

Markus Reuter aus Ezelsdorf plädiert dafür, die Standortsuche auf vorbelastete Flächen zu konzentrieren. Die Region Ezelsdorf/Postbauer-Heng sei durch Stromleitungen, die Bahnstrecke und die B 8 schon stark belastet und leistete bereits ihren Beitrag zur Infrastruktur für die Allgemeinheit. Dr. Jürgen Rupprecht kritisierte auch die Vorfestlegung auf den Großraum Nürnberg aus politischen Gründen. Bei derartigen Großprojekten sollten nach seiner Überzeugung ausschließlich sachliche und fachliche Gründe für einen Standort sprechen.

Das Betriebsgelände des ICE-Instandhaltungswerkes erstreckt sich über 144 Hektar. Es ist 3,2 Kilometer lang und 450 Meter breit. Die Wartungshalle ist 480 Meter lang, 80 Meter breit und zwölf Meter hoch. Die letztlich insgesamt überbaute Fläche beziffert die Bahn mit rund 35 Hektar.

Das Werk wird gebraucht

MdL Osgyan verweist in Pfeifferhütte darauf, dass die Grünen eine Planung vorgelegt haben, die weniger Fläche verbraucht. Die Reaktion der Bahn: Schwierig, aber machbar. Im Gespräch mit den Bürgern am Alten Kanal verspricht die Grünen-Abgeordnete, sie werde sich mit ihren Parteifreunden dafür einsetzen, dass auch an den kritischen Standorten im Nürnberger Land kein Staatswald verkauft wird. Am Ende gibt sie aber zu bedenken, dass das ICE-Werk gebraucht und dass es wohl auch im Großraum Nürnberg gebaut wird. Jürgen Mistol bleibt in Ezelsdorf vage: Das zusätzliche ICE-Werk sei nötig, „wir brauchen aber auch überall lebenswerte Zustände.“ Deshalb gelte es, den Standort mit den geringsten Eingriffen für Mensch und Natur zu suchen.

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