Altdorf/Berlin. Die Altdorferin Helen Schütt absolviert ein Praktikum in einem Berliner Bundestagsbüro. Neben Diskussionen zur Bundesnotbremse erlebt sie auch die strittige Kanzlerfrage in der Union hautnah mit.
Wie es sich anfühlt, vier Wochen lang im Herz der deutschen Demokratie zu arbeiten und den Entscheidungsträgern zuzuarbeiten, weiß Helen Schütt. Sie ist 22 Jahre jung, in Altdorf aufgewachsen, hat dort die Grundschule besucht, ist in der Handball- und Turnabteilung des TV Altdorf aktiv gewesen und noch immer fest in der Wallensteinstadt verwurzelt. Nicht zuletzt, da ihre Mutter an der Förderschule unterrichtet und nach wie vor in Altdorf wohnt. Helen Schütts Lebensmittelpunkt hat sich über die Jahre jedoch verlagert, aktuell studiert sie im sechsten Semester in der Landeshauptstadt München Politik und Geschichte und arbeitet an ihrer Bachelor-Arbeit. Im Sommer wird sie ihr Masterstudium beginnen und dafür nach Stockholm ziehen, wo sie bereits einen Studienplatz erhalten hat.
Im Rahmen ihres Studiums hat Helen Schütt vor kurzem ein vierwöchiges Praktikum im Berliner Büro der SPD-Politikerin Martina Stamm-Fibich absolviert und dabei spannende Einblicke in die Arbeit der Bundestagsabgeordneten erhalten. „Ich habe zuvor auch schon ein Praktikum im bayerischen Landtag absolviert und wollte jetzt eine Stufe höher sehen, wie die Arbeit dort so aussieht“, erklärt die 22-Jährige. Ihr Praktikum ist in eine turbulente und ereignisreiche Zeit gefallen: die Bekämpfung der Corona-Pandemie, Untersuchungen zum Wire-Card-Skandal sowie die Klärung der Kanzlerfrage der Union bestimmten ihren Alltag in Berlin.
„Deckt sich nicht mit öffentlichem Bild“
Die Erlebnisse ermöglicht hat ihr Martina Stamm-Fibich. Sie ist im Wahlkreis Erlangen zuhause und seit 2013 Mitglied des deutschen Bundestags. Sie ist unter anderem Patientenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion sowie Mitglied in den Ausschüssen für Petitionen und Gesundheit. „In meiner Zeit in Berlin habe ich miterlebt, wie viel und vor allem auch wie kontrovers über die Bundesnotbremse diskutiert wurde. Auch die Video-Konferenzen, an denen auch der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und andere Experten teilgenommen haben, waren sehr interessant. Rückblickend kann ich festhalten, dass darin unglaublich viel Arbeit und viele Diskussionen stecken. Das deckt sich definitiv nicht mit dem Bild in der Öffentlichkeit. Viele Menschen, die sich immer nur über die Politiker beschweren, haben schlicht keine Ahnung, wie viel in den Ausschüssen und allgemein im Bundestag gearbeitet wird. Diese Dynamik miterleben zu dürfen, hat mir sehr viel Spaß gemacht“, bilanziert Schütt.
Hauptsächlich habe sie den Mitarbeitern des Büros zugearbeitet, neben der inhaltlichen Vorarbeit für Terminvorbereitungen habe sie zudem kleinere Recherchearbeiten übernommen. „Ich durfte auch digital an Arbeitsgruppen- und Ausschusssitzungen teilnehmen. Obwohl ich in der Schule und im Studium schon viel über den Parlamentsbetrieb gelernt habe, sind mir einige Abläufe erst durch mein Praktikum klar geworden. Ich habe die Arbeitsbelastung der Abgeordneten und ihrer Mitarbeiter als sehr hoch empfunden. Meist waren zwischen den verschiedenen Videokonferenzen nur wenige Minuten Pause.“
Nicht nur Beratungen über Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, auch die lange Zeit ungeklärte Kanzlerfrage der Union prägte ihr Praktikum in der Hauptstadt. Den Machtkampf zwischen Armin Laschet und dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder erlebte Schütt hautnah mit, die „Aufregung und den riesigen Auflauf an Journalisten“ wird sie so schnell nicht vergessen. Doch nicht nur die Arbeit vor Ort, auch der Arbeitsplatz an sich hat Eindruck bei der Altdorferin hinterlassen. „Es fasziniert mich einfach, an einem solch geschichtsträchtigen Ort wie dem Reichstag zu arbeiten.“
Lust auf die (kommunale) Politik
Nach dem bayerischen Landtag und dem Bundestag würde Schütt als nächstes gerne das Europaparlament in Brüssel besuchen, um auch dort Einblicke in die Arbeit zu erhalten. Abgeschreckt haben sie die intensiven Wochen nicht – im Gegenteil: Nach erfolgreich abgeschlossenem Studium könnte sie ihr beruflicher Weg erneut in die Politik führen. „Ich kann mir vorstellen, später als wissenschaftliche Mitarbeiterin Abgeordneten zuzuarbeiten. Reden schreiben, Recherche betreiben: man ist immer nah dran am aktuellen Tagesgeschehen und lernt täglich dazu“, sagt sie.
Doch nicht nur die bundespolitische Ebene, auch die Kommunalpolitik übt großen Reiz auf die 22-Jährige aus. „Ich bin bislang zwar noch nicht kommunalpolitisch aktiv gewesen, aber ich kann mir das generell schon vorstellen. Immerhin sind die Kommunalpolitiker am nähesten dran an der Basis und ihre Arbeit dementsprechend auch wichtig.“ Helen Schütt weiß, wovon sie spricht. Immerhin ist die Bayerische Kommunalpolitik das Thema ihrer Abschlussarbei.