RUMMELSBERG – Die Kosovarin Drinora Musliu arbeitet als Pflegefachkraft für Senioren im Stephanushaus der Diakonie in Rummelsberg. Wie Musliu in Franken zurecht kommt und mehr zum Thema Arbeitskräfte aus dem Ausland:
Die Rahmenbedingungen in der Pflege sind sehr schwierig. Und das im Grunde genommen seit 30 Jahren, sagt Diakon Werner Schmidt, Leiter des Stephanushauses Rummelsberg. Die Zahl der Auszubildenden sei zwar zuletzt erfreulicherweise gestiegen, es gingen aber mehr Pflegekräfte in Rente, als Nachwuchs nachkäme.
Eine mögliche Lösung: Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland holen. Genau das haben die Verantwortlichen der Rummelsberger Dienste für Menschen im Alter (RDA) gemacht. Derzeit arbeiten bereits sechs Pflegekräfte aus dem Kosovo im Stephanushaus. Eine von ihnen ist Drinora Musliu.
Die 24-Jährige kam am 11. Januar in Rummelsberg an. Drei Jahre lang hat sie in Pristina ein Studium der Pflege absolviert und mit einem Bachelor abgeschlossen. „Mir gefällt es, mit Menschen zu arbeiten“, sagt die junge Frau mit dem glänzenden braunen Haar. „Es ist ein gutes Gefühl, jemandem zu helfen.“ Schon ihre Großmutter hatte Pflege studiert. Die beiden Schwestern haben einen Abschluss in Psychologie und ihre Mutter hat eine medizinische Ausbildung.

Das Kosovo-Projekt des Stephanushauses startete 2018, erzählt Diakon Schmidt. 2019 schloss die Rummelsberger Diakonie einen Vertrag mit der Hochschule in Pristina, an der Drinora Musliu studiert hat; 2020 besuchten Werner Schmidt, Diakonin Heidrun Martini, zuständig für Personalentwicklung in der RDA, und der Fachliche Leiter Peter Kraus erstmals Pristina. Im Februar desselben Jahres kamen drei Studierende der Hochschule für ein Praktikum ins Stephanushaus.
Essentiell sind ausreichende Deutschkenntnisse. Drinora Musliu hat einen zweijährigen Sprachkurs absolviert. Dennoch hatte sie am Anfang Probleme mit der Sprache. Denn in der Pflege gibt es viele Fachausdrücke, die sie nicht kannte. „Der Dialekt war am Anfang auch schwierig“, erinnert sie sich und lächelt.
Unproblematische Zusammenarbeit
Zu Projektbeginn hatte sich Einrichtungsleiter Schmidt Gedanken gemacht, wie die Seniorinnen und Senioren die neuen Pflegekräfte aus dem Kosovo wohl aufnehmen würden. Er freute sich, als er merkte, wie unproblematisch die Bewohner mit den Kosovarinnen umgingen.
Auch Drinora Musliu sagt, dass die Senioren sich für sie und ihre Geschichte interessieren. Sie möchten zum Beispiel wissen, wo ihre Familie lebt. „Manche sind wie Oma und Opa für mich.“
Als Drinora Musliu das Angebot erhielt, nach Deutschland zu gehen, war sie hin- und hergerissen und hat sich mit ihrer Familie beraten. Die war anfangs skeptisch, erzählt die Kosovarin. Schließlich müsste sie in Deutschland ohne Unterstützung ihrer Familie auskommen. Am Ende gab den Ausschlag, dass es im Kosovo wenige Arbeitsplätze gibt – selbst für qualifizierte junge Menschen.
Ethische Aspekte
Diakon Schmidt sind ethische Aspekte beim Thema Personalgewinnung im Ausland ganz wichtig. „Bei Menschen aus Polen, Ungarn oder Rumänien hätte ich ein schlechtes Gewissen“, sagt er. Denn dort würden die abgeworbenen Arbeitskräfte fehlen. Im Kosovo mit der geringen Infrastruktur und der hohen Arbeitslosigkeit sehe das anders aus.
Die ersten Wochen waren sehr schwer für sie, erzählt Drinora Musliu. Alles war am Anfang fremd: Das Land, die Sprache, auch die Arbeit war ganz anders.
Im Kosovo ist die Pflege eher medizinisch orientiert. In Deutschland gilt es, sowohl die Grundbedürfnisse der Senioren nach Körperhygiene, Nahrung und Gesprächen zu erfüllen, als auch den Gesundheitszustand im Blick zu behalten und zu dokumentieren. „Ich hatte zuvor noch nie einen Menschen gewaschen“, erzählt die junge Kosovarin. Sie hat sich viel an Kolleginnen gewandt und sich alles zeigen lassen. Ihre Anerkennungsprüfung als Fachkraft hat sie auf Anhieb bestanden.
Drinora Musliu bereut ihre Entscheidung nicht, nach Deutschland zu gehen. Sie will weiter lernen, sich weiterentwickeln. Im Stephanushaus hat sie die Chance dazu.