Diepersdorf/München – Die rechtsradikale Diepersdorferin Susanne G. ist wohl eine Einzeltäterin. Das sagt jedenfalls die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage gegen die 55-Jährige, die sich seit April vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München verantworten muss. Die Anwälte der Nebenkläger, Maximilian Bär und Harald Straßner, zweifeln allerdings daran, dass Susanne G. ganz allein hinter dem Schreiben der Drohbriefe und dem Plan, Bombenanschläge zu verüben, stecken soll.
Beweise für eine mögliche Unterstützung der Angeklagten, zum Beispiel aus den Reihen der rechtsextremen Partei „III. Weg“ oder dem NSU-Umfeld, zu dem Susanne G. Kontakte pflegte, gibt es allerdings noch nicht. Deswegen lasteten große Erwartungen auf den vergangenen Verhandlungstagen, an dem diese Kontakte mit den NSU-Helfern André E. und Ralf Wohlleben thematisiert wurden und der Vorsitzende des III. Wegs, Klaus Armstroff, vor dem Gericht als Zeuge aussagte.
Dieser kam eine Stunde zu spät am Hochsicherheitsgerichtssaal in München-Stadelheim an – er sei im Stau gestanden – und hatte sich gut auf seine Befragung vorbereitet. „Als es um sein Wissen über die Drohbriefe und geplanten Anschläge ging, kam keiner mehr an ihn ran“, sagte Bär.
Der vorsitzende Richter Michael Höhne hakte mehrere Male nach, ob Armstroff je mit Susanne G. über die ihr zu Last gelegten Vorwürfe gesprochen hatte und bekam ausweichende Antworten über G., die von der schlechten Behandlung durch die Polizei erzählt habe und dass sie auf Aufforderung von Armstroff aus der Partei ausgetreten sei, weil er keine schlechte Presse wollte.
Hatte die Angeklagte etwas dazu gesagt, dass sie Bedrohungskarten versandt haben soll, will Höhne wissen. Armstroff antwortet knapp: „Die Karten wären für die Gefangenenhilfe gekauft.“ Auch das persönliche Verhältnis von Armstroff und G. ist Thema, die 2019 und 2020 zu zweit zum Schießtraining nach Tschechien gefahren waren und dort in einem Doppelzimmer übernachtet hatten. Das sei einfach billiger gewesen, sagt Armstroff. „Seine Aussage war nicht so ergiebig“, sagt Bär im Gespräch mit der PZ.
Enger Kontakt zu NSU-Helfern
Auch die Briefe, die Susanne G. aus dem Gefängnis an die NSU-Helfer Ralf Wohlleben und André E. geschrieben hatte und die vor Gericht von einem Beamten des Verfassungsschutzes verlesen wurden, brachten keine neuen Erkenntnisse. „Aber die Drei wissen ja, dass die Briefe gelesen und auf Code-Wörter geprüft werden. Natürlich halten sie sie neutral“, sagt Harald Straßner, der im Prozess den Nebenkläger Landrat Armin Kroder vertritt.
Laut Straßner hat die Staatsanwaltschaft bisher keine Hinweise dafür vorliegen, dass Susanne G. bereits zur aktiven Zeit des NSU-Trios mit diesem oder dem Umfeld Kontakt hatte. „Es ist aber immer die Frage, wie stark man recherchiert“, sagt Straßner.
Wohlleben und André E. lernte die Diepersdorferin über die „Gefangenenhilfe“ kennen, im Zuge derer die rechte Aktivistin ihre inhaftierten Gleichgesinnten besuchte und ihnen Briefe schrieb. Nun sind die beiden wieder frei und die 55-Jährige sitzt selbst hinter Gittern. Sie hat bereits kurz nach ihrer Inhaftierung im September 2020 Besuchserlaubnis für Wohlleben und E. beantragt.
Mit ihnen verband Susanne G. wohl ein enges Verhältnis. Nach der Freilassung der zwei NSU-Helfer im Jahr 2018 traf sie sie regelmäßig, zum Beispiel auf Geburtstagsfeiern. 20 Fotos von den beiden Männern und ihren Familien fanden Ermittler auf G.s Handy. Doch dafür, dass sie sich bei ihren Treffen über Anschläge und Drohbriefe unterhalten haben, haben die Ermittler keine Hinweise.
Der Staatsanwaltschaft genügt das, Straßner und Bär geben sich damit nicht zufrieden. „Wir wollen, dass stärker nach weiteren Kontakten zur NSU gesucht wird.“ Ein Antrag der beiden Anwälte auf die Befragung weiterer Zeugen aus dem NSU-Umfeld sei in Arbeit.