SCHNAITTACH – Der Bürgermeister ermahnt zu einem klaren Sparkurs ohne »finanzielle Abenteuer», die Kämmerin prognostiziert über 13 Millionen Euro Schulden, die Fraktionen sehen eine »Bankrotterklärung» gerade noch abgewendet und verlangen mehr Professionalität und Tempo in der Verwaltung – Eindrücke aus Schnaittachs Haushaltssitzung. Mit 17:2 Stimmen befürwortete der Marktrat den Etat für 2010. Auch weil die laufenden Kosten wohl nicht gedeckt sein werden, muss die Kommunalaufsicht erst noch genauer prüfen.
Viele Kämmerer müssen in Jahrzehnten ihrer Berufslaufbahn keinen so von Schulden und Finanznöten eingeschränkten Haushaltsplan aufstellen, wie ihn Schnaittach jetzt beschlossen hat. Marion Karg machte diese Erfahrung gleich bei ihrem ersten: Eine Million Euro weniger als im Vorjahr hat die Marktgemeinde 2010 zur Verfügung, da sie mit weniger Einkommensteuer (- 18,5 Prozent), 10,6 Prozent weniger Schlüsselzuweisungen, einer gleichbleibenden Gewerbesteuer und zugleich einer um vier Prozent steigenden Kreisumlage (auf 2,85 Millionen) rechnen muss. Gleichzeitig drücken zurzeit 12,12 Millionen Euro Schulden, Ende des Jahres könnten es laut Plan sogar 13,35 Mio. sein, was Kämmerin Karg aber in dieser vollen Höhe für »sehr unwahrscheinlich hält».
Das bedeutet, dass Schnaittach dieses Jahr 733000 Euro alleine für den Schuldenabbau ausgibt – mehr Geld, als dafür zur Verfügung steht –, für die kommenden Jahre spricht Karg deshalb von dann fast 950000 Euro, die jährlich abzutragen sind. Die logische Folge ist bereits jetzt ein Sparkurs, der nur die nötigsten und politisch bereits beschlossenen Investitionen zulässt.
2010 sind das unter anderem: 239000 Euro für die übrigen Kanalsanierungen, unter anderem in Osternohe, 200000 Euro für die Grundschule Kirchröttenbach, 126000 Euro Eigenanteil der Gemeinde am Marktplatzumbau, 475000 Euro Zuschuss für die Krippe im katholischen Kindergarten, 70000 Euro für Restarbeiten an der Hauptschule. 190000 Euro sind für die ländliche DSL-Versorgung vorgesehen, wofür noch Zuschüsse zu erwarten sind. Für Grundstückskäufe, unter anderem für den Kanalbau, sind 179000 Euro vorgesehen. Die restlichen Arbeiten am Freibad werden über die Stiftung »LebensWerte» abgerechnet.
Zur Deckung greift Schnaittach auf 700000 Euro zurück, die im Vorjahr übrig geblieben waren. 685000 Euro neue Kredite sind eingeplant, 150000 Euro sollen aus Grundstücks- und Gebäudeverkäufen fließen.
Zu den altbekannten Finanzproblemen kommt dieses Jahr ein weiteres, wie auch in Lauf, Röthenbach und Hersbruck: Die Einnahmen decken voraussichtlich die laufenden Kosten nicht. Das heißt, Schnaittach fehlen nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen 733000 Euro Mindestzuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt (Investitionen), sondern weitere 78000 Euro. Das einzige Polster für die Kasse ist die Rücklage, die mit 106000 Euro auf Mindestniveau liegt. Kämmerin Karg berichtete von Abstimmungsgesprächen mit der Kommunalaufsicht. Diese werde die dauerhafte Zahlungsfähigkeit Schnaittachs prüfen und eventuell Auflagen erteilen.
Vier »Rotstiftsitzungen»
Dieser Haushaltsplan ist das Ergebnis der vier sogenannten »Rotstiftsitzungen», in denen es gelang, das ursprünglich veranschlagte Defizit bei den laufenden Kosten um immerhin 570000 Euro zu verringern und auf 3,5 Millionen Euro neue Schulden zumindest vorerst zu verzichten. Weil die schlimmsten Befürchtungen nicht eintrafen, waren die Fraktionen in ihren sonst auffallend kritischen Stellungnahmen (siehe 4. Lokalseite) doch zufrieden mit dem Etatplan.
Im Wesentlichen gab es drei Haltungen: Die SPD und Fair bezeichneten die mehrheitliche Abstimmung für eine Kirchröttenbacher Schulsanierung erneut als Fehlinvestition in finanziell schwierigen Zeiten. Die CSU wies einmal moderat (Sprecher Johannes Merkel), ein andermal aggressiv mit gleichem Inhalt (August Wandner) dem Rathaus und Bürgermeister Georg Brandmüller zumindest eine Mitschuld für die missliche Lage zu.
Brandmüller hatte zuvor gesagt, dass »Mindereinnahmen und Mehrausgaben von über 1,9 Millionen Euro» gegenüber 2008 »nicht auf Knopfdruck im Ausgabenbereich» aufgefangen werden könnten. Die Verwaltung habe jetzt eine interne Arbeitsgruppe gegründet mit den Abteilungs- und Einrichtungsleitern, die – vom Marktrat begleitet – Sparvorschläge machen soll. Die Kommunalaufsicht rate dazu, nur noch zu verwalten, statt neu zu investieren.
Brandmüller sagte auch, dass sich Schnaittach den Freibadunterhalt eigentlich nicht leisten kann. Auch das Gewerbegebiet an der A9 müsse endlich vermarktet werden. Der Rathauschef gibt zu, dies vielleicht nicht professionell genug vorangetrieben zu haben, und kündigte an, demnächst einen neuen Makler zu präsentieren.
August Wandner (CSU) war damit nicht zufrieden. Er wetterte gegen den Bürgermeister und das Rathaus: »Von der Verwaltung und dem Bürgermeister gingen keine Impulse aus, um der negativen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Ungelöste Probleme wurden vor sich hergeschoben, der Haushalt ist das Ergebnis langer Jahre der Perspektivlosigkeit», so sein Fazit. Er begründete dies in zehn Punkten, die inhaltlich der CSU-Position entsprechen.
Brandmüller sprach in der Sitzung von schwarz-weiß-Malerei, so einfach sei es nicht. Gegenüber der PZ sagte er, dass er sich die Kritik durchaus zu Herzen nehme. Allerdings stimme einiges daran einfach nicht. Vieles, was Wandner bemängelt, beruhe auf mehrheitlichen Marktratsentscheidungen (Baustopp am Bürgerweiher zum Beispiel) oder zumindest unterschiedlichen Auffassungen. Der Ton sei unter der Gürtellinie, eine gute Zusammenarbeit sei so kaum möglich.