SCHNAITTACH/ECKENTAL (kro/nd) — Die Jüdischen Friedhöfe in Schnaittach sind immer wieder Ziel von Gästen aus aller Welt, meist Nachfahren der aus den Israelitischen Gemeinden von Forth, Hüttenbach, Ottensoos und Schnaittach stammenden Verstorbenen.
Für Alfred Kimmelstiel, der 1923 in Forth geboren ist, der Auschwitz überlebte und heute mit seiner Frau Jacqueline in New York lebt war es ein Bedürfnis, anlässlich eines Besuchs in Deutschland an den Gräbern seiner Großeltern und seines Urgroßvaters zu beten.
Zuletzt waren Alfred und Jacqueline Kimmelstiel vor zweieinhalb Jahren hier, damals, um ihren mitgereisten Kindern die Familiengeschichte authentisch nahe zu bringen. Es war schwer, anschließend nach Forth zu fahren, sich mit der Vergangenheit zu konfrontieren.
In diesem Jahr kamen die Kimmelstiels aus Frankfurt, wo sie einer Einladung der Regierung von Hessen gefolgt waren und zusammen mit anderen Zeitzeugen an der Eröffnung des „Wollheim Memorials“ teilgenommen hatten. Diese Gedenkstätte im Park der Goethe-Universität, dem früheren Sitz des IG Farben-Konzerns, enthält auch ein Bild der Familie Kimmelstiel, Alfred mit seinen Eltern und dem Bruder Max am Küchentisch, „zuhause“ in Forth.
Darüber die Zahlen 160761 und 160762, die Nummern der Kinder im KZ Auschwitz. Norbert Wollheim war seit damals Alfreds Freund. Er sagte zu ihm im Mai 1945: „Wir sind gerettet, aber nicht befreit“. Wollheim kämpfte später um Entschädigung für die Zwangsarbeiter der IG Farben.
Jetzt ließen sich die Kimmelstiels wieder mehrere Tage lang auf die Kindheit und Jugend von Alfred in Forth ein, diskutierten und stellten sich den Fragen der Einwohner, nahmen Einladungen an und besuchten u.a. die Gräber der Großeltern Max und Hedwig.
Bei dem letzten Friedhofsbesuch in Schnaittach war es noch nicht möglich gewesen, das Grab des Urgroßvaters Josef Kimmelstiel zu finden. Die hebräische Inschrift ist inzwischen jedoch übersetzt, wenn auch nicht komplett erhalten.
Pfarrer Häselbarth von der Kirchengemeinde St. Anna und ein Kreis von Freunden und Geschichtsforschern aus Forth, die die Besucher begleiteten, werden sich nun im Auftrag ihrer Gäste um die Erneuerung der Grabinschrift kümmern. Die alte Platte wird dann, wie es der Brauch ist, behutsam abgelegt am Grab verbleiben.
Gestern wurden Albert und Jaqueline Kimmelstiel offiziell vom zweiten Eckentaler Bürgermeister Konrad Gubo im Rathaus empfangen, wo sich beide in das Goldene Buch der Gemeinde eintragen durften. Auch berichtete Kimmelstiel hier über die Erlebnisse während seiner einwöchigen Erinnerungstour in Forth.
„Der Entschluss herzukommen, war für mich aus körperlichen und moralischen Gründen nicht leicht. Ich bin aber froh, diesen Schritt gewagt zu haben, denn ich bin so herzlich aufgenommen worden und habe mein Kommen nie bereut“, sagte Kimmelstiel.
Im Anschluss besuchte er die Hauptschule und das Gymnasium Eckental, um auch den Schülern von seinen Erlebnissen als jüdischer Zwangsarbeiter, im Konzentrationslager in Auschwitz und seiner Rückkehr in die Heimat zu erzählen. Heute fliegt Albert Kimmelstiel mit seiner Frau wieder in die USA zurück, „und da werde ich meiner Familie wieder viel zu erzählen haben“.