NÜRNBERGER LAND – Die Landkreise Coburg, Haßberge, Bad Tölz oder Regensburg haben ihn schon und auch die Stadt Nürnberg – bald sollen auch einkommensschwache Bürger im Landkreis von ihm profitieren, dem Nürnberger Land Pass. Allerdings nur, wenn diese Karte neben ermäßigten Fahrten mit Bus und Bahn auch einen verbilligten Zugang zu echten Angeboten aus den Bereichen Bildung, Kultur, Freizeit und Sport ermöglicht.
Gleichstellungsbeauftragte Anja Wirkner und Julia Meyer, Leiterin der Abteilung Jugend, Familie und Soziales am Landratsamt in Lauf, stellten das Projekt jetzt im Gesundheits- und Sozialausschuss des Kreistags noch einmal vor – nachdem die Corona-Pandemie die ursprünglich vom Markt Feucht ins Spiel gebrachte Idee für etliche Monate „auf Eis“ gelegt hatte. Ende 2019 war sie schon Thema bei der Versammlung der 27 Landkreisbürgermeister in Reichenschwand, als Norbert Kays vom Sozialamt der Stadt Nürnberg den Rathauschefs das in der Noris bereits 1986 eingeführte und 2011 um „Bildung und Teilhabe“ erweiterte Angebot näherbrachte.
Von Corona ausgebremst
Nach diesem Treffen und dem Antrag der CSU-Kreistagsfraktion, auch die Kulturtafel ins „Portfolio“ des Passes aufzunehmen, wollte die Arbeitsgruppe mit der Akquise von Akzeptanzstellen beginnen. Dann aber kam Corona und der Einzelhandel hatte pandemiebedingt allerlei Probleme zu meistern, so dass die Abfrage verschoben wurde. „Unsere Frage nach Rabatten für die Pass-InhaberInnen wäre da wohl eher auf Unverständnis gestoßen“, sagte Anja Wirkner.
Zeitgleich fragte die Projektgruppe, zu der unter anderem auch Wolfgang Röhrl vom Sozialamt, Jugendamtsleiterin Amanda Müller und Annette Zimmermann vom Bündnis für Familien gehören, jedoch bei den 27 Städten, Märkten und Gemeinden im Landkreis nach Ausgabe- und Akzeptanzstellen nach – mit bescheidenem Rücklauf: Lediglich 16 von ihnen gaben Antwort, beim erneuten Versuch im vergangenen Oktober dann gar nur noch sieben, darunter Hersbruck.
Ohne möglichst alle Kommunen aber „geht es nicht“. Wie attraktiv sei der jeweils für ein Jahr und nur in Verbindung mit einem Ausweis gültige „Nürnberger Land Pass – Bildung, Kultur und Soziales“ (wie der Pass vollständig heißen soll), wenn die künftigen Nutzer damit nicht zu günstigeren Konditionen in Bäder, Museen und Bibliotheken gehen, in Sportvereinen aktiv sein oder in Apotheken und anderen Geschäften Rabatte bekommen, fragte Anja Wirkner im Ausschuss wohl eher rhetorisch.
Bescheid als Grundlage
Knapp 4300 Landkreisbürger könnten in den Genuss des Passes kommen, rechnete Wirkner vor – die Zielgruppe umfasst neben Empfängern von ALG II und Sozialgeld unter anderem auch Wohngeldbezieher oder Asylbewerber mit Erstwohnsitz im Nürnberger Land. Als Ausgabestellen haben sie und Meyer neben dem Landratsamt die Gemeinde- und Stadtverwaltungen sowie Caritas und Diakonie ins Auge gefasst. Zudem laufe bei der Tafel Nürnberger Land eine Anfrage. Als Nachweis diene der jeweilige Bescheid.
Um den Nürnberger Land Pass einführen zu können, wurden im vergangenen Jahr bereits 6000 Euro für vorbereitende Tätigkeiten, Erstellung eines Flyers und für den Bereich „Kultur“ im Haushalt eingeplant, dazu 60 000 Euro für den Erwerb von insgesamt 46 sogenannten 9-Uhr-MobiCards (eine pro 4000 Einwohner in den 27 Landkreiskommunen) – bislang allerdings nicht abgerufen und deshalb für 2021 wieder veranschlagt.
Nur wegen der MobiCards allerdings brauche es keinen Nürnberger Land Pass, machte Landrat Armin Kroder unmissverständlich klar: „Da sollte es schon ein bisschen mehr sein“ – wohlwissend, dass vor allem die Geschäftsleute im Landkreis nach mindestens zwei Monaten Shutdown wohl wenig begeistert sein dürften, gleich „20 Prozent Rabatt zu gewähren, wenn sie endlich wieder aufmachen dürfen“.
„In die Pflicht nehmen“
Unterstützung kam vom Co-Vorsitzenden des Caritasverbands im Landkreis, Michael Groß. Auch er begrüße zwar die „pragmatische Lösung mit den MobiCards“, dennoch brauche der Pass einen „echten Nutzen von Anfang an“ und der sei nur durch ein klares Bekenntnis möglichst vieler Gemeinden zu diesem Angebot zu bekommen. Auch Margit Kiessling von den Grünen plädierte dafür, die Gemeinden „in die Pflicht zu nehmen“, und hofft auf die Umsetzung des Projekts, weil „damit unser Landkreis noch sozialer wird“.
Als nächsten Schritt wollen Wirkner und Meyer das Thema bei der nächsten (virtuellen) Bürgermeisterrunde „noch einmal anstoßen“. Gehen die Gemeinden danach mit und wird der Pass anschließend vom Gesundheits- und Sozialausschuss abgesegnet, soll eine einjährige Pilotphase folgen, um dem Vorhaben die Kinderkrankheiten auszutreiben und „dort nachzujustieren, wo es noch kneift“, sagte Anja Wirkner.