NÜRNBERGER LAND – Kreiskämmerer Werner Rapp hat die wichtigsten Eckdaten des Kreishaushaltes 2021 vorgestellt, des letzten, bevor der langjährige „Herr der Zahlen“ in den Ruhestand geht. Zum Abschied stellte er einige „Knackpunkte“ seiner Kalkulation vor und riet den Kreisräten, in den nächsten Jahren ein besonderes Augenmerk auf die Finanzen zu haben – angesichts vieler ambitionierter Projekte und der zu erwartenden Einbußen durch die Pandemie sei in den nächsten Jahren Augenmaß gefragt.
Mit 210,68 Millionen reißt der Haushaltsentwurf wie seit 2016 üblich wieder die 200-Millionen-Euro-Grenze. Er liegt damit um rund 3,4 Millionen über dem Ansatz 2020 – und sei „in doch etwas turbulenten Zeiten“ (Rapp) alles andere als einfach zu erstellen gewesen, weil einige Auswirkungen der Corona-Krise zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sicher vorherzusagen sind.
Einige Unwägbarkeiten
Ein Beispiel: 2020 wurden unter „Corona“ rund 1,1 Millionen Euro gebucht, für das laufende Jahr hat der Kreiskämmerer hier wieder rund 1 Million eingeplant – für IT, Sicherheitsdienst, Personal, Gesundheitsamt sowie Brand- und Katastrophenschutz. Ob das reicht, ist dabei längst noch nicht klar. Müssten etwa in Schulen für besseren Infektionsschutz Lüftungsvorrichtungen eingebaut werden, steigt die Summe.
Klar ist dagegen schon, dass der öffentliche Personennahverkehr ein größeres Loch in die Kassen reißt – wegen des 365-Euro-Tickets, des VGN-Innovationspakets und der neuen Schnellbusse steigt hier der Kapitalbedarf um über 1,6 Millionen Euro. Weil die Einnahmen aus der Schülerbeförderung üblicherweise zwei Jahre hinter der tatsächlichen Entwicklung herhinken, warnte Rapp, dass hier in der Zukunft wohl noch deutlich mehr Geld benötigt wird.
Bei näherer Betrachtung des in seiner gebundenen Form über 700 Seiten starken Zahlenwerks stellt sich schnell heraus, dass vor allem die vielen „Pflichtaufgaben“ teuer sind. Etwa beim mit Abstand dicksten Brocken im Verwaltungshaushalt, der „sozialen Sicherung“ – mit 48,7 Millionen Euro macht sie allein rund 39 Prozent der „laufenden Kosten“ von aktuell 186 Millionen (2020: 182,6 Millionen) aus. Die Corona-Krise setzt dem Arbeitsmarkt zu, wenn auch nicht so stark wie zunächst befürchtet. Die Ausgaben im Bereich Hartz IV steigen wohl moderat auf rund 10 Millionen Euro. Große Teile dieser Gelder bekommt der Landkreis vom Bund erstattet. Weil er wegen einer Grundgesetzänderung bei den Kosten zur Unterkunft weiter entlastet wird, muss er nur noch rund 3,3 Millionen Euro beisteuern, rund 2 Millionen weniger als noch 2020.
Zuschuss für Jugendhilfe
Erneut deutlich „nachbessern“ muss Rapp dagegen bei der Familien- und Jugendhilfe – wie berichtet, steigt hier der Zuschussanteil um gut eine Million auf jetzt 15,5 Millionen erneut kräftig. Vor allem die ambulante Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (Stichwort: Schulbegleitung) schlägt dabei zu Buche. Die Kosten allein hier hätten sich seit 2015 verdreifacht, sagte der Kreiskämmerer, wobei es sich samt und sonders „um Rechtsansprüche handelt“.
Neben all den Pflichtaufgaben machen die sogenannten „freiwilligen Leistungen“ – etliche davon sind inzwischen vertraglich geregelt und damit gewissermaßen bindend – erneut nicht einmal ein Prozent des Gesamthaushalts aus: Für die insgesamt 63 Projekte fallen auch 2021 gerade einmal 1,9 Millionen Euro an.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die Ausgaben für Schule und Bildung. Als Sachaufwandsträger ist der Landkreis für 13 Schulen zuständig (je vier Gymnasien und Realschulen, Wirtschafts-, Fachober- und Berufsschule, Förderzentrum sowie die Fachakademie für Sozialpädagogik). Deren Unterhalt sank leicht auf jetzt 19,6 Millionen.
Für das seit etlichen Jahren laufende Sanierungsprogramm der in die Jahre gekommenen Schulen hat Rapp heuer 13,3 Millionen eingeplant – und damit gut 65 Prozent des Vermögenshaushalts (der Investitionen). Das meiste Geld fließt hier in die Arbeiten am Gymnasium in Altdorf (5 Millionen) und das Geschwister-Scholl-Schulzentrum in Röthenbach (3,5 Millionen).
Sanierung wird teuer
In den kommenden Jahren stehen auch Arbeiten an der Berufsschule in Lauf (vor allem Brandschutz, 18 Millionen), dem CJT-Gymnasium Lauf (Generalsanierung und zehn neue Klassenzimmer) sowie der Realschule, dem Schwimmbad und der Sporthalle in Röthenbach an. Deshalb hat Rapp hier für 2022 und 2023 jeweils 19 Millionen vorgesehen.
Um da die Finanzen nicht über Gebühr zu strapazieren, stellte Rapp die Frage in den Raum, ob die Entscheidung über den benötigten und von der Kreispolitik mehrheitlich gewünschten Anbau am Ämtergebäude in Lauf (Kostenpunkt: 18 bis 20 Millionen, wobei keine Fördermittel genutzt werden können) nicht erst in zwei oder drei Jahren getroffen werden sollte.
Denn all diese Investitionen müssten vor dem Hintergrund getätigt werden, dass sich Rapp und sein designierter Nachfolger Michael Oberleiter, bisher Leiter des Sachgebiets Abfallwirtschaft, wegen der Pandemie auf der Einnahmenseite nicht mehr auf bestens gefüllte Steuertöpfe und ständig steigende Schlüsselzuweisungen verlassen können. Erstmals seit 2012 steht vor diesem Geld vom Freistaat im Vergleich zum Vorjahr wieder ein Minus. Der Kreis erhält zwar wieder 27 Millionen, das sind aber gut 1,3 Millionen weniger als noch vor zwölf Monaten. Und „der Minustrend dürfte die nächsten zwei, drei Jahre anhalten“, sagte der Kreiskämmerer.
Bei der Kreisumlage kann Rapp bei einem unveränderten Hebesatz von 44,5 Prozent zwar ein Plus von 3,5 Millionen Euro verbuchen, Von dem bleiben unter dem Strich allerdings „nur“ 1,67 Millionen übrig, weil er fast 53 Prozent der Summe an den Bezirk Mittelfranken überweisen muss, der bei ebenfalls unverändertem Hebesatz von 23,55 Prozent rund 51,1 Millionen Euro aus dem Nürnberger Land bekommt (plus 1,8 Millionen).
Höhere Kredite nötig
Um den Haushalt zu finanzieren, benötigt Rapp deshalb neben 1,5 Millionen aus der Rücklage auch eine Nettokreditaufnahme von zirka 5,2 Millionen. In den nächsten beiden Jahren hält er sogar zweistellige Kredite für „wahrscheinlich“. Damit dürften nicht nur die Schulden (derzeit rund 25,6 Millionen) des Nürnberger Landes wieder steigen, für die Kreispolitik heiße das Gebot der Stunde dann noch mehr als bisher: „Genau hinschauen!“