Bürgerinitiative wehrt sich

Aufschrei gegen Windräder auch in Kersbach

Die Fotomontage zeigt (nicht maßstabsgetreu) die ungefähre Lage der Windräder. Der Blick richtet sich von Rabenshof über Siegersdorf zur Hochfläche.2014/01/75787_windradglatzensteinsiegersdorfmontage_New_1389376565.jpg

KERSBACH — Die Windradpläne der Hersbrucker Stadtwerke auf der Hochfläche nordöstlich von Leuzenberg haben eine ansehnliche Protestwelle ausgelöst. Nach Angaben der Bürgerinitiative „Gegenwind Hansgörgl/Glatzenstein“ haben sich ihr bereits 350 Aktive und Unterstützer angeschlossen. Ein beträchtlicher Teil kommt aus Kersbach, das von den in Frage kommenden Standorten anderthalb Kilometer entfernt läge und aus Weißenbach (knapp ein Kilometer).

Am meisten regt die Gegner auf, dass sie als unmittelbare Nachbarn der Kraftwerke zu wenig mit einbezogen würden in die Planungen. Ein von allen bisherigen Windrad-Projekten im Verbreitungsgebiet der PZ altbekannter Vorwurf. Beim Leuzenberger Fall spielt die Randlage eine gewisse Rolle. Zwar sind die Standorte nicht allzu weit von Kersbach und Weißenbach sowie von Siegersdorf entfernt, dennoch lag der Fokus der Aufmerksamkeit zuerst lange alleine auf Reichenschwand, zu dem Leuzenberg gehört. Von einem Neunkirchener Gemeinderatsbeschluss schon vor einem Jahr hatte kaum jemand Notiz genommen: Der Bauausschuss stimmte damals einhellig der Änderung des Flächennutzungsplans der Nachbargemeinde zu – „ohne mit den benachbarten Dorfbewohnern gesprochen zu haben“, wie Gegenwind-Sprecherin Hannelore Plicht kritisiert.

Inzwischen hat sich der Wind für die maximal drei Rotoren mit einer bisher nicht bestätigten Gesamthöhe von 200 Metern gedreht. Das belegt ein noch junger Beschluss des Schnaittacher Marktgemeinderats, der das Projekt im Dezember mehrheitlich ablehnte. Begründung: der Schutz des Panoramas Rothenberg-Festung und Glatzenstein. Auch die Nachbargemeinde Kirchensittenbach im Osten ist dagegen – ebenfalls wegen des Landschaftsbildes, aber auch mit Verweis auf die Lage im Wasserschutzgebiet, das Kersbach, Oberkrumbach und Reichenschwand versorgt.

Diese Argumente decken sich mit denen des mobilisierten Widerstands in den Dörfern. Auch der Laufer Rechtsanwalt Lothar Schmauß, der in Kersbach wohnt, führt sie an. Vor allem aber fasst er die Kraftwerkspläne als „so brutalen wie sinnlosen Angriff auf die heimatliche Landschaft“ auf. Immerhin hätten sich einige der Dorfbewohner rund um die Hochfläche durchaus bewusst für ein ländliches Leben entschieden, „um sich in der Freizeit möglichst viel in der reizvollen Natur aufhalten zu können“ und nähmen dafür auch die größere Entfernung zu Städten und Läden in Kauf. Mit „Stahlmonstern vor den Augen“ wäre dieser Vorteil zunichte gemacht, sagt er.

Die Bürgerinitiative hat sich – mit viel Know-How vom erfolgreichen Osternoher Widerständler Peter Kraus unterstützt – die Hochfläche genau angesehen und einen ganzen Katalog erarbeitet, was alles gegen Windräder vor der Haustür spreche: unter anderem auch die Lage im Landschaftsschutzgebiet und die Flugsicherheit. Laut Hannelore Plicht befindet sich der Luftkorridor zum Airport Nürnberg genau zwischen Leuzenberg und Kersbach.

Der Neunkirchener Bauausschuss hatte diese Kriterien im Januar 2013 nicht mit erwogen. Ausschlaggebend war für ihn einzig, dass die bisher geltenden gesetzlichen Abstände von 800 Meter zu Wohn- und 500 Meter zu Mischgebieten eingehalten würden. „Über alles andere haben die Regionalplaner anhand der Stellungnahmen auch der Fachbehörden zu entscheiden“, lautet dazu die Auskunft aus dem Bauamt Neunkirchen. Lothar Schmauß ist das zu wenig: „Neben den Abständen gibt es noch jede Menge öffentliche Belange und es ist Sache der Gemeinde, die Belange der Bürger zu wahren.“

Am kommenden Mittwoch äußert sich der Neunkirchener Bauausschuss noch einmal zu den Windradplänen bei Leuzenberg. Diesmal wird er eine Stellungnahme für eine etwaige Berücksichtigung der Standorte im Regionalplans abgeben (19 Uhr, Sitzungssaal im Rathaus). Allerdings ist das Gebiet wohl auch als nicht ideal zu bezeichnen: Denn in Frage kommt nur die Einstufung als Vorbehaltsgebiet, was heißt, dass es zwar ins Auge gefasst wird, aber vorbehaltlich weiterer Untersuchungen. Laut Hannelore Plicht ist den Regionalplanern bereits bewusst, dass die Landschaft einfach zu sensibel sei.

Dabei ist allen Beteiligten natürlich bewusst, dass aller Kampf und alle Abwägung unter Vorbehalt stehen. Denn bis Ende Januar ist noch offen, ob neue Windräder im Nürnberger Land überhaupt noch möglich sein werden, wenn – wie von der Staatsregierung angekündigt – tatsächlich die Kriterien verschärft werden. Mit größeren Abstandsflächen ist ebenso zu rechnen wie mit einem höheren Mindestertrag. Bis in München eine neue Entscheidung fällt, gelten aber noch die bekannten Regeln.

Und wie halten es die Windradgegner mit dem Vorwurf, die Energiewende zu verhindern? „Es gibt nachweislich geeignetere Flächen in Bayern. Das hat der Bund Naturschutz ermittelt“, antwortet Hannelore Plicht. Dort wären sie zwar auch nicht schön, aber in Parks immerhin „tolerierbar“. Hier zu Lande gehe es optisch einfach nicht an, „wenn jede Gemeinde ihre drei Windräder hat“.

Am Mittwoch, 15. Januar, um 19 Uhr findet im Berggasthof Glatzenstein in Weißenbach eine Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative Gegenwind statt. Interessierte sind eingeladen.

Nichts Neues verpassen! - Newsletter abonnieren