Öko-Modellregion wirbt für regionale Projekte

Bio-Boom als Chance

Werner Ebert (links) warb bei den Rathauschefs im Rahmen der Bürgermeisterversammlung im Diepersdorfer Distlerhof für die Öko-Modellregion als echte Chance für die lokale Landwirtschaft und den Tourismus. | Foto: Braun2016/04/burgermeisterversammlung-diep-distlerhof-vortrag-ebert-oko.jpg

NÜRNBERGER LAND — Die Landwirtschaft steckt in einer Krise. Niedrige Lebensmittelpreise, getrieben durch große Supermarktketten und Discounter, machen den Bauern auch im Nürnberger Land zu schaffen. Da kommt der Trend zu Bioprodukten und Öko-Tourismus gerade recht. Das Projekt „Öko-Modellregion“, in dem seit einem Jahr auch die Landkreise Nürnberger Land und Roth sowie die Stadt Nürnberg zusammenarbeiten, will sich genau das zunutze machen. Um Projekte und Ziele der Initiative und was die Kommunen beitragen können, ging es bei der Bürgermeisterversammlung in Diepersdorf.

„Für die Landwirtschaft ist es lebensnotwendig, diesen Weg zu gehen“, glaubt Landrat Armin Kroder über die ökologische Landwirtschaft. Wer sich den Verfall der Lebensmittelpreise ansehe, werde begreifen, „dass wir auf Dauer nicht mit den Weltmarktpreisen konkurrieren können“. Auch wenn er betonte, dass konventionelle Landwirtschaft im Nürnberger Land genauso willkommen und wichtig sei, wie ökologische, sieht er in regionalen Bio-Produkten eine echte wirtschaftliche Chance. „Das Angebot der Öko-Modellregion ist kostenlos – nun liegt es an uns, es auch zu nutzen.“

Zwölf solcher Öko-Modellregionen gibt es in Bayern, die größte ist die Kooperation zwischen Nürnberg, Nürnberger Land und Roth. Sie hat einen ganz besonderen Vorteil: die Nähe zur Großstadt; alle anderen Projekte sind eher ländlich geprägt. Diesen Vorteil zu nutzen, sprich das Stadtgebiet als Absatzmarkt zu erschließen, ist das größte Ziel der Macher der Öko-Modellregion, wie Projektmanagerin Judith Hock-Klemm und der Projektleiter der Stadt Nürnberg, Werner Ebert, den Rathauschefs erläuterten.

Ökologisch, fair, nachhaltig, regional – die Schlagworte hinter dem Projekt ziehen: Die Bio-Branche ist zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor gereift. Neben der stetig steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln aus ökologischem und nachhaltigem Anbau, eröffnet der Bio-Boom auch im Tourismus ganz neue Möglichkeiten, sich von der Masse abzuheben. Immer mehr Hoteliers und Gastwirte haben das verstanden und passen ihr Angebot entsprechend an.
Die Entwicklungschancen sind immer noch riesig. 2000 zertifizierte Bio-Betriebe gab es in der Metropolregion Nürnberg bereits bei der letzten Erhebung aus dem Jahr 2012 – und inzwischen dürfte ihre Zahl noch gestiegen sein, ist Ebert sich sicher. Trotzdem überschreitet die Nachfrage immer noch bei Weitem das Angebot – regionale Produkte sind gefragter denn je.

Potenziale nutzen

Die Öko-Modellregion will helfen, dieses große Potenzial auszuschöpfen. Die Fachleute (die Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Land läuft über das Regionalmanagement am Landratsamt) informieren nicht nur kostenlos über Fördertöpfe und Sponsoring durch Firmen. Sie vernetzen auch die Anbieter, bieten Arbeitskreise, Stammtische und Vorträge an und helfen, innovative neue Ideen, in die Tat umzusetzen.

Eines, das bereits gut angelaufen ist, ist die Streuobstinitiative Hersbruck. Das Obst aus dem Nürnberger Land ist begehrt, eine Ausweitung auf Apfelsaft, Most oder Trockenobst in Planung. Derzeit werden weitere geeignete Obstgärten oder Flächen für neue Bäume gesucht. Ebert warb bei den Bürgermeistern darum, sich in ihren Gemeinden nach geeigneten Standorten umzusehen.

Ein Beispiel für die Förderung des Vertragsanbaus, einem weiteren Standbein des Projekts, ist die Kooperation der Schwabacher Bäckerei Karg mit lokalen Dinkel-Bauern. Die Bio-Brote werden dann mit dem Zertifikat „Aus der Region“ verkauft und kommen bei den Kunden gut an. Ähnliche Projekte sind in anderen Sparten geplant, so Ebert. „Wir haben Kontakte zu Haselnuss-, Kräuter- oder Gewürzanbietern.“

Nachholbedarf besteht bei der Fleischverarbeitung. Auch wenn der Schlachthof Lauf ein weites Gebiet abdecke, fehlt laut Ebert ein großer Geflügelschlachthof in Nordbayern. Die Tiere müssen oft über weite Strecken transportiert werden. Um die wachsende Nachfrage nach Fleisch aus artgerechter Haltung decken zu können, wird derzeit ein Konzept erarbeitet. Dazu werden Metzger aktiv angesprochen und Vermarktungsstrategien ausgelotet.

Ausgebaut werden sollen auch die direkten Erzeuger-Verbraucher-Beziehungen. Das Stichwort heißt solidarische Landwirtschaft, kurz „Solawi“. Die Idee: Verbraucher beteiligen sich als Erntehelfer oder finanziell an einem teilnehmenden Hof und bekommen im Gegenzug ein Mitspracherecht sowie regelmäßig Produkte zum Verzehr. Fünf Höfe, darunter der Reimehof in Kirchensittenbach, machen bereits mit. Unter www.stadt-land-beides.de finden Interessierte weitere Informationen.

Kommunen können mithelfen

Wie können die Kommunen sich nun konkret beteiligen? Natürlich indem sie auf laufende Projekte aufspringen oder neue Ideen (Stichworte: Gastronomie, Hutanger oder Tourismus) an die Verantwortlichen herantragen, die dann bei Umsetzung, Vernetzung und Marketing helfen. Wo Nahversorger Mangelware sind, kann die mobile Versorgung durch die Solawi-Höfe eine Lösung sein. Und natürlich können regionale Bio-Lebensmittel in öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen oder Kindergärten angeboten und landwirtschaftliche Flächen an Bio-Betriebe verpachten werden.

Dies kann auch helfen, das Bewusstsein für Lebensmittel und deren Entstehung schon bei den ganz jungen Verbrauchern zu stärken – ein weiterer Baustein der Öko-Modellregion. Hierzu werden auch Workshops, Seminare und Verbraucherevents angeboten. Denn das Wissen darum, dass gute Lebensmittel auch gutes Geld wert sind, ist die Grundlage dafür, das ökologische Landwirtschaft auch ökonomisch wird. 

Weitere Informationen und Ansprechpartner unter www.oekomodellregionen-bayern.de im Internet.

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