Umfrage bei Bewerbern für Land- und Bezirkstag

Die Qual der Wahl: Kandidaten im Endspurt

Zuhören, reden, überzeugen: Für Landtagskandidat Norbert Dünkel (oben Mitte) und Bezirkstagskandidat Michael Groß (rechts) gab es zuletzt kaum einen Tag ohne Politik. Fotos: privat2013/09/69442_wahlkampfendspurtduenkelmarktplatzlauf_New_1378825264.jpg

NÜRNBERGER LAND — Nur noch fünf Tage, dann werden die neuen Abgeordneten für den Land- und den Bezirkstag gewählt. Für die Kandidaten heißt das: Wahlkampfendspurt. Macht ihnen Politik noch Spaß nach wochenlanger Eigenwerbung an Infoständen und in Bierzelten? Die PZ hat mit drei Bewerbern gesprochen.

Der Wecker klingelt bei Michael Groß zurzeit morgens um fünf Uhr. Eine Stunde später steht der Röthenbacher, der für die SPD in den Bezirkstag will, an verschiedenen Bahnhöfen im Landkreis, verteilt mit seinen Mitstreitern Äpfel und Infomaterial an die wartenden Pendler. Danach beginnt seine eigentliche Arbeit als Geschäftsführer der Caritas. Wie viele Partei-Termine er absolviert hat, weiß er nicht mehr, über 100 auf jeden Fall, schätzt er. Hat er da noch Lust auf Wahlkampf? „Nein“, meint Groß unverhohlen und lacht, auf Politik allerdings sehr wohl …

Authentizität ist dem 43-Jährigen ganz wichtig in einer Zeit, in der sich der Meinungsbildungsprozess durch neue Medien wie Facebook grundlegend verändert habe. „Ich will nicht nur grinsend über Feste laufen, sondern Inhalte transportieren“, betont Groß. Allerdings sei er darauf angewiesen, dass sich die Leute Zeit nehmen zuzuhören, wenn es um „seine“ Anliegen wie zum Beispiel alternative Wohnformen für alte und behinderte Menschen geht. Da ist der Politikneuling in den letzten Wochen ein ums andere Mal kalt erwischt worden, wie er einräumt. „Mit dem Moment der Kandidatur wird man auf einmal zur Projektionsfläche für Ärger aller Art“, erzählt Groß, sei es über die Pkw-Maut, die Transaktionssteuer oder die Euro-Rettung. „In solchen Fällen habe ich den Menschen geantwortet, dass ich dazu zwar eine Meinung und auch ein Grundwissen habe, meine Schwerpunkte als Bezirkstagskandidat aber woanders liegen und ich über Bundespolitik nicht zu entscheiden habe.“

Dennoch hätten sich viele ernsthafte Gespräche mit politisch Interessierten ergeben, die Michael Groß nicht missen will, ebenso wenig wie die Veranstaltung „Politik und Kultur“ in Altdorf, „das war ein sehr schöner Abend mit wahnsinnig vielen Leuten“, oder den Besuch von SPD-Parteivorsitzendem Sigmar Gabriel in Schnaittach. Die Ungewissheit, ob er es in den Bezirkstag schafft, wird ihn wohl noch einige Tage länger umtreiben, denn mit den Endergebnissen für die Bezirkstagswahl wird nicht vor Mittwoch gerechnet. „Am Sonntagabend werde ich auf jeden Fall mal innehalten und ein Glas Wein trinken.“

Ob Norbert Dünkel dafür Zeit findet? „Für mich geht es am Montag nahtlos weiter, schließlich wollen wir Einsatz bringen für unsere Bundestagskandidatin Marlene Mortler“, sagt der CSU-Landtagskandidat, dem es nach eigenem Bekunden trotz wochenlangem Dauerwahlkampf „noch recht gut“ geht. Drei Tage Radfahren in der Wachau Ende Juli mit seiner Frau – das war der einzige Urlaub, den sich der Geschäftsführer der Lebenshilfe in dieser Zeit gegönnt hat.

Die CSU im Nürnberger Land habe diesmal versucht, neue Veranstaltungsformen zu finden: weg vom klassischen politischen Frühschoppen, der immer weniger Wähler vom Sofa lockt, hin zu gemeinschaftlichen Wanderungen, etwa auf dem Schnaittacher Geschichtsweg oder rund um Velden. „Da kamen auch mal junge Familien, und in den kleinen Gruppen hat sich eine sehr schöne Gesprächskultur ergeben“, bilanziert Dünkel. Themen wie Geldwertstabilität und Konjunkturentwicklung hätten den Menschen am Herzen gelegen, aber auch ganz persönliche Probleme, wie zum Beispiel der eigene Hausbau, der wegen behördlicher Auflagen zu langsam vorwärts ging.

„Ich rede einfach gern mit den Leuten“, sagt der 52-Jährige, und deshalb sind die neuen Medien für ihn nicht mehr als eine Ergänzung im Wahlkampf. „Über Facebook bekommen die Nutzer zwar mit, wo ich war, aber Inhalte lassen sich so nicht vermitteln.“ Er wird bis Sonntag noch an einigen CSU-Infoständen vertreten sein, aber immer nur an einem pro Tag. „Fünf Infostände hintereinander abklappern, das mache ich nicht mehr, das bringt nichts.“

„Ja, der Wahlkampf macht schon Spaß, aber ich bin auch froh, wenn´s vorbei ist, denn die Zeit war sehr anstrengend“, meint FW-Landtagskandidat Andreas Tiedtke. Für ihn habe es in den letzten Wochen kaum einen Tag ohne eine politische Veranstaltung gegeben, samstags waren es schon mal vier am Stück. „Da fällt man am Abend nur noch ins Bett.“ Trotzdem: „Durch den Wahlkampf habe ich Menschen kennengelernt, die ich sonst nie getroffen hätte“, freut sich der 39-Jährige. Positiv überrascht hat ihn vor allem die Zahl der FW-Unterstützer, selbst in so kleinen Orten wie Thalheim oder Alfeld. „Stammtischparolen“ seien eher die Ausnahme gewesen, die meisten Menschen, die er getroffen habe, hätten durchaus differenziert.

Tiedtkes persönliches Highlight war ein Abendessen mit FW-Bundesvorsitzendem Hubert Aiwanger. Ob er diesem im Landtag künftig öfter über den Weg laufen wird, entscheidet sich am Sonntag. „Die Freien Wähler treffen sich abends ab halb acht zur Wahlparty, je nach Ergebnis wird´s mehr oder weniger lustig.“

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