Landkreis zahlt für Haus 10.500 Euro Monatsmiete

Asylbewerberunterkunft als Anlageobjekt

Wenn immer mehr Objekte als dezentrale Unterkünfte für Asylbewerber gebraucht und weiterhin exorbitant hohe Mieten gezahlt werden, führt das über kurz oder lang zu einer Verzerrung auf dem Wohnungsmarkt. Foto: Fotolia2015/06/fotolia_Immobilie.jpg

BURGTHANN – In einem Burgthanner Ortseil wird ein aus zwei Grundstücken und zwei Gebäuden bestehendes Anwesen verkauft. Für 559.000 Euro bietet der Eigentümer seine aus den 70er Jahren stammenden Häuser an. Als Anlageobjekt findet sich das Angebot im Immobilienportal Scout 24. Anlageobjekt wohl deshalb, weil die Immobilie derzeit fest vermietet ist. Und die Vermietung bringt richtig Geld, monatlich 10.500 Euro.

Wie das sein kann? Der Landkreis zahlt die Miete, weil er die Objekte für 20 Asylbewerber braucht. Pressesprecher Günther Häusler bestätigt die Mietzahlung auf Anfrage des Boten und lässt durchblicken, dass seine Behörde nicht gerade erfreut darüber ist, dass der Mietpreis für Asylbewerber-Unterkünfte jetzt in einem öffentlichen Immo-Portal zu lesen ist. Im Landratsamt wusste man bislang nicht, dass der Vermieter sein Objekt verkaufen will und deshalb ein Angebot über seinen Makler im Internet macht.

Warum werden für Flüchtlingsunterkünfte so exorbitant hohe Mieten gezahlt? Die Zahlungen richten sich zunächst einmal danach, wieviele Menschen in einem Haus untergebracht werden können, erläutert Häusler. Derzeit zahlt der Landkreis für jeden Asylbewerber zwischen 12 und 19 Euro Unterkunftsmiete pro Tag. Das alles ist unter anderem abhängig von der Lage der angemieteten Objekte. Dementsprechend hoch fällt die Monatsmiete für eine Immobilie wie in dem Burgthanner Ortsteil aus. 450 Euro fallen hier pro Asylbewerber und Monat an Mietkosten an.

Zurzeit sind 950 Flüchtlinge im Nürnberger Land untergebracht. Für 680 Menschen hat der Landkreis Objekte wie bei Burgthann angemietet, insgesamt 24 Häuser. 120 Asylbewerber leben in Gemeinschaftsunterkünften, für die der Bezirk Mittelfranken zuständig ist, weitere 50 sind unbegleitete Jugendliche, die in Rummelsberg und im ehemaligen Schullandheim in Pfeifferhütte untergebracht sind.

Die Miete für die dezentralen 24 Flüchtlingsunterkünfte des Landkreises streckt das Landratsamt in Lauf nur vor und holt sich das Geld dann vom Freistaat zurück. „Durchlaufende Posten“ sind das für den Landkreis-Kämmerer, 126.000 Euro im Jahr allein für die beiden Häuser im Burgthanner Ortsteil.

Eigentlich ist die dezentrale Unterkunft die bessere Alternative zu großen Gemeinschaftsunterkünften oder gar Container-Siedlungen. Darauf weist Günther Häusler hin. Bleibt die Frage im Raum, ob für die Anmietung solcher Unterkünfte ein um ein vielfaches höherer Mietpreis als auf dem „normalen“ Markt gezahlt werden muss.

Wer sein Geld lukrativ anlegen will, kann sich jedenfalls beim Kauf der Immobilie im Burgthanner Ortsteil darauf verlassen, dass er garantiert bis zum 31.12.2019 monatlich 10.500 Euro Miete überwiesen bekommt. „Das Anwesen ist an den Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt Nürnberger Land, vermietet“, erläutert der Makler auf der Immobilienwebseite, „sie haben also einen Mieter mit Top-Bonität“.

Der Kommentar

Wir ahnen es schon: Anrufe, Mails, empörte Reaktionen. Wie kann man nur darüber schreiben, was die Unterkünfte für Asylbewerber kosten. Ist doch fremdenfeindlich. Ist es das wirklich?

Selbstverständlich sind dezentrale Unterkünfte besser als große Gemeinschaftsheime, als Zeltstädte oder Containersiedlungen. Die sind möglicherweise am Ende mit all ihren Problemen teurer als ein gutes Haus für eine überschaubare Gruppe von Leuten. Aber die Mieten für die von den Landkreisen angemieteten Objekten müssen doch in einem einigermaßen nachvollziehbaren Rahmen bleiben. Für den Landkreis sind die Millionen, die er hier jährlich aufbringen muss, zwar „durchlaufende Posten“, aber am Ende zahlt der Freistaat mit Steuergeldern.

Derzeit ist nicht abzusehen, dass sich die Situation entspannen wird, im Gegenteil: Im bayerischen Innenministerium rechnet man damit, dass weiterhin rund 500 Menschen pro Tag im Freistaat Asyl beantragen. Für die Leute braucht man Wohnraum. Der darf aber nicht mit Wahnsinnsmieten beschafft werden.

Nichts Neues verpassen! - Newsletter abonnieren