LAUF — „Eigentlich wollte ich nur einen Bohrer kaufen“, beginnt der Laufer Altadtfreund, Kellerforscher, Museumsschmied und Wasserrad-Messerschleifer Baldur Strobel seine Geschichte in der PZ-Redaktion zu erzählen. Eine Geschichte mit Happy-End. Mit einem reparierten Wasserrad an der Reichelschen Schleif und einem großzügigen Laufer Unternehmen, das den Verein der Altstadtfreunde im unermüdlichen Bestreben unterstützt, historische Substanz in der Stadt nicht nur zu erhalten, sondern sie für die Menschen erlebbar zu machen.
Hier nun die ganze Geschichte dieser mühsamen jüngsten Reparatur an der Schleif, über die die PZ schon wiederholt berichtete:
Das große Wasserrad neben der Schleifmühle wird von den Altstadtfreunden betreut und gepflegt, „auch wenn es sich gelegentlich als Sorgenkind erweist“, so Strobel.
Erst war ein Lager so schlimm durchgescheuert, dass es den Anwohnern mit seinem Quietschen und Pfeifen die Nerven strapazierte. Das THW musste das schwere Rad anheben und es so sichern, dass es auch kein Hochwasser mitreißen konnte, bis nach gut einem halben Jahr ein Ersatzlager mit Hilfe der Röthenbacher Firma Diehl besorgt und eingebaut war.
Dann hatte der Zahn der Zeit oder besser der stete Tropfen des Wassers die Schaufeln mit ihren Tragarmen dünn und brüchig werden lassen. „Der Bauhof der Stadt Lauf stellte uns das Material in Form von zugeschnittenen Tragarmen aus Eichenholz und Lärchenbretter für die Schaufeln zur Verfügung, wir Altstadtfreunde besorgten das Befestigungsmaterial und bauten in Eigenregie alle alten Schaufeln aus und die neuen wieder ein.“
Kleinere Schäden, als ein heruntergefallener Eiszapfen oder später ein mutwillig hineingeworfenes Eisenrohr sich zwischen dem Untergrund und den Schaufeln verkanteten und Teile der Schaufeln zerfetzten, konnten die Altstadtfreunde noch beheben.
Doch es stellte sich heraus, dass durch die Kraft des Wassers immer wieder Befestigungsbolzen (Gewindestangen, die Schaufeln und Rad verbinden) einfach abrissen und die Schaufeln locker wurden. Daher baten wir die Stadtverwaltung als Ersatz der vorhandenen zehn Millimeter starken Stangen um zwölf Millimeter starke Bolzen. Damit deren Gewinde beim Einschlagen durch den Radkranz aber nicht zu stark beschädigt wird, sollten mit einem Bohrer von 12,5 Millimeter Stärke die vorhandenen Löcher erweitert werden.
„Aber so einen Bohrer, noch dazu in Überlänge, suchte ich lange vergebens in den einschlägigen Läden“, erzählt Baldur Strobel. „Schließlich landete ich in meiner Not an der Pforte der Firma Emuge, ihres Zeichens spezialisiert auf die Herstellung bester und härtester Bohrer.“
Die Dame am Empfang unterbrach ihr Gespräch mit einem anderen Herrn und hörte sich meinen Wunsch nach diesem speziellen Bohrer an. „Da müssen wir mal den Herrn Rittger fragen“, sagte sie und telefonierte ihn gleich herbei. Ihm erklärte ich ausführlicher die gewünschten Maße und den Verwendungszweck „meines“ Bohrers. Leider musste auch der Spezialist zunächst passen, doch da mischte sich der Herr neben mir ein: „Ich glaube, denen können wir schon helfen.“ Es stellte sich heraus, dass sich niemand anders als Helmut Glimpel, der Besitzer und Seniorchef dieser Firma, eingeschaltet hatte.
Nach einem kurzen Gespräch zwischen ihm und dem Meister der Reparaturwerkstatt begleitete mich Martin Rittger zur Schleifmühle, nahm Maß und begutachtete das Material. „Auch mit den dickeren Bolzen werden sie nicht glücklich werden, sie brauchen eine wesentlich höhere Stahlgüte. Ich besorge ihnen das Material und dann bauen wir es ein.“
Knapp zwei Wochen später begannen zwei Gesellen von Emuge mit mir die Reparatur des Wasserrades. Meine Hauptaufgabe bestand darin, dank meines Gewichts das Rad in die passende Position zu drehen oder es während der Bohrarbeiten am Weiterdrehen zu hindern.
Auch wenn sich manche der alten Bolzen oder ihre Reste sehr schwer entfernen ließen, waren innerhalb zweier Tage alle 18 Schaufeln, die nur am hölzernen Radkranz befestigt waren, geschafft.
Für die zweite Hälfte sollten die Löcher durch die Metallplatten, die die sechs Segmente des Radkranzes zusammenhalten, vergrößert werden, was ziemliche Probleme bereitete. Nach zwei Löchern waren alle eigens dafür gefertigten Bohrer stumpf oder an den Rändern ausgebrochen. Auch der zu Hilfe gerufene Meister versuchte es. Weder mit einem neuen Bohrer noch mit einem vollständig aus Hartmetall hatte er Glück. Also musste die Arbeit abgebrochen werden, bis Material beschafft war, das durch die Löcher passt, aber wesentlich höhere Güte aufweist.
Mit diesen Gewindestangen wurde die Arbeit erst am vergangenen Montag glücklich beendet. Jetzt dreht sich das Rad wieder zur Freude der Besucher und der Einheimischen, obwohl sich die nächste Arbeit für die Altstadtfreunde schon abzeichnet: Die Radspeichen sind nicht mehr ganz fest mit der Nabe verbunden.
„Dieses ,Spiel werden wir auch noch in den Griff bekommen“, ist sich Baldur Strobel sicher. „Vielleicht findet sich ja wieder eine Firma, die auf eine ganz unschuldig vorgebrachte Frage so toll und vorbildlich hilft.“