HOHENSTEIN – Die Nürnberger Ortsgruppe des Fränkischen Albvereins tritt aus dem Hauptverein aus und halbiert damit die Mitgliederzahl. Wie im Regionalteil berichtet, soll an der Spaltung das FAV-Heim in Hohenstein schuld sein, das die Großstädter nicht mehr mittragen wollen. Ein Verkauf und Abschied von dem Haus wäre für das hoch gelegene Burgdorf, für das Sittenbachtal und auch für den Verein selbst nicht gut, meinen Bürgermeister, Hohensteiner und der Vorsitzende des Hersbrucker FAV.
Das kleine schmucke Fachwerkhaus am oberen Parkplatz ist noch nicht lange wiedereröffnet. 2008 hatte es darin gebrannt, Auslöser war ein defekter Ventilator. Bis mit der Versicherung alles geklärt, alles repariert, der zeitgemäße Brandschutz sichergestellt und modernisiert war, vergingen sechs Jahre. So lange stand es dem FAV nicht zur Verfügung und – wenn man dem Nürnberger Ortsgruppensprecher Klaus Reith glaubt – so lange haben es auch die wenigsten vermisst.
Dabei galt das Wanderheim mit seiner rustikalen Stube, den Stockbettzimmern und dem damaligen Matratzenlager unter dem Dach Jahrzehnte als echte Errungenschaft. 1962 hatte es Vorsitzender Franz Hindelang eingeweiht. 10 000 Arbeitsstunden steckten Vereinsmitglieder hinein, um aus der alten Scheune, hinter der die markante Burgruine thront, eine vorzeigbare Hütte zu machen, die für gesellige Zusammenkünfte und als Wandererquartier für die FAV-Mitglieder geeignet war. Hindelang wünschte sich vor 54 Jahren: „Möge dieses Heim Generationen überdauern und niemals zweckentfremdet werden als Dank für seine Gestalter und Erbauer.“
Der Standort ist gut gewählt. Die Burgruine sorgt für Flair, viele große Wanderwege kreuzen dort oben, Main-Donau-Weg, Alb-Querweg, Paul-Pfinzing-Weg und Heroldsteig sind nur einige. Was also sollte die Nürnberger Ortsgruppe an diesem einzigen Heim des FAV stören? „Wanderheime sind aus der Zeit gefallen“, antwortet Vorsitzender Klaus Reith. In den 60er Jahren sei die Situation eine andere gewesen. Das Nahverkehrsnetz war nicht so gut, Wanderer brauchten damals einen halben Tag, um zum Hohenstein zu kommen. „Da machte eine günstige Übernachtungsmöglichkeit natürlich Sinn.“
Aber heute seien auch die Wanderer älter geworden, „kein Mensch will mehr einen Schlafsaal, sondern Einzelzimmer“. Außerdem sei der Hohenstein zwar attraktiv, aber die FAV-Mitglieder wollten Abwechslung. Das gesamte VGN-Gebiet sei ihr Wander-Areal – und da wolle niemand viel Sprit verfahren, um noch zum Hohenstein zu kommen, wenn man genauso gut auch daheim schlafen kann. Er sehe nicht ein, dass seine Ortsgruppe, die mit 1900 Mitgliedern fast die Hälfte des gesamten FAV stelle, dieses Wanderheim zur Hälfte mitfinanzieren muss.
Seit Jahren schon rumort es hinter den Kulissen des Albvereins, weil die mitgliederstarke Nürnberger Gruppe aus ihrer Sicht bei Abstimmungen gegenüber den 15 anderen Ortsgruppen zu wenig Gewicht hat. Das ist das eigentliche Thema hinter der Abspaltung. Als Reith jetzt hörte, es gebe 2017 eine Beitragserhöhung, um „Verluste des Wanderheims auszugleichen“, erklärte er mit seiner Ortsgruppe den Austritt aus dem Hauptverein.
Dabei weiß er auch, dass es sich beim zitierten Minus – unter dem Strich 7500 bis 8000 Euro im Jahr –, um Abschreibungen handelt, also keine echten, sondern Buch-Verluste in der Steuererklärung. Aber er hätte nach dem Brand ja auch gar kein Geld mehr in das Heim gesteckt, sondern es gleich verkauft.
Hans Treuheit, der Vorsitzende der 120 Mitglieder zählenden Hersbrucker Ortsgruppe, ist da ganz anderer Meinung. Er bestätigt, dass es in dem Heim nach der Wiedereröffnung etwas ruhiger war, inzwischen steige die Nachfrage aber wieder, seitens verschiedener Ortsgruppen, aber auch von Schulklassen. „Die Betriebskosten sind wieder gedeckt“, weiß er. Er glaubt, dass es lediglich ein vorübergehender Trend ist, Wanderheime links liegen zu lassen.
Probebetrieb bis 2019
Früher seien Schulklassen gekommen und ganze Busladungen anderer Wandervereine, heute gehe es eben in die Rhön oder Eifel. „Die nächste Generation könnte aber schon wieder froh sein, hier so ein Wanderheim zu haben“, meint er. Deshalb schlug er einen Probebetrieb bis 2019 vor, der jetzt auch gilt. Fünf Jahre nach der Wiedereröffnung 2014 schaut sich der FAV die Entwicklung am Hohenstein dann noch einmal an und entscheidet nach Faktenlage.
Bürgermeister Klaus Albrecht verfolgt die Debatte um das FAV-Heim mit Sorge: „Das wäre für uns ein unheimlicher Image-Verlust.“ Die Gemeinde habe nicht viele Möglichkeiten, aber Wandern, Radfahren und die Burgruine seien Pluspunkte. Der Hohenstein leide bereits unter der wegsterbenden Gastronomie, von ehemals drei Wirtschaften existiert nur noch eine. Ein Wanderheim sei keine Konkurrenz dazu, sondern sorge für eine zusätzliche Belebung und – trotz eigenem Catering – auch für Frequenz im benachbarten Gasthof. Treuheit sieht das genauso und merkt an: „Ein Verein muss sich so ein Heim auch gönnen wollen.“ 4000 Mitglieder könnten sich ein einziges Heim doch gut leisten.