RÜCKERSDORF – „Ich bin noch zu keinem Job so gerne hingegangen“. Das sagt Johannes Ballas, seit Mai Erster Bürgermeister der Gemeinde Rückersdorf. Viele Jahrzehnte war der 58-Jährige als IT-Berater in ganz Deutschland unterwegs, beriet Kommunen und Unternehmen in Sachen Digitalisierung. Ein Beruf, den er mit Leidenschaft machte. Doch als Bürgermeister von Rückersdorf fühlt er sich angekommen. „Mir macht das wahnsinnig Spaß.“
Mit 53,99 Prozent setzte sich der langjährige CSU-Gemeinderat bei der Kommunalwahl im März gegen Amtsinhaber Manfred Hofmann und den Kandidaten der Grünen, Karl-Josef Raab-Seibold, durch. Dass er das Rennen um den Chefsessel im Rathaus diesmal im ersten Wahlgang so klar für sich entscheiden würde, damit habe er nicht gerechnet, sagt Ballas. „Ich werde die Zahl mein Leben lang nicht vergessen.“
Klares Votum nach der Niederlage
2014, in der Stichwahl, war er Hofmann knapp unterlegen. Die Niederlage schmerzte. Das klare Votum gegen zwei Bewerber habe ihm klar gezeigt, dass die Rückersdorfer „den Wechsel wollten“. Der gebürtige Kölner will dem Auftrag gerecht werden und kniet sich rein. „Ich bin einer aus dem Ort und für den Ort da“. Seit 30 Jahren lebt er in Rückersdorf, kennt die Gemeinde wie seine Westentasche, auch als Vorsitzender des Vereinskartells und weiterer Ehrenämter.
Die ersten 100 Tage im Amt, er fand sie „toll“. Sie seien vergangen wie im Flug. Ein Sprint, wie ihn den der begeisterte Jogger auch im Wald gerne mal hinlegt. Doch danach müsse man auch wieder stehen bleiben. Innehalten. Er sei stets ansprechbar, auch beim Joggen, betont Ballas. „Ich bin für die Bürger da, wenn ich da bin.“
Zu viel Bürokratie
Einen kleinen Vorteil hatte er wie alle neuen Bürgermeister zu Beginn dieser Amtsperiode. Weil wegen des Corona-Lockdowns die meisten Veranstaltungen abgesagt wurden, blieb mehr Zeit, sich in die Abläufe der Verwaltung einzuarbeiten. Das war gut. Einerseits. Er hat sie genutzt. Erstes Fazit: „Es gibt aus meiner Sicht zu viel Bürokratie“. Nicht jedes Schreiben, das ins Rathaus geflattert komme, müsse auch er sehen und unterschreiben. Er will mehr delegieren. „Dafür gibt es ja Fachabteilungen.“ Andererseits fehlte auch das Leben in der Gemeinde. Keine Feste, kein Vereinsleben, das Rathaus für die Bürger nur mit Termin geöffnet: „Ich hoffe sehr , dass sich das wieder ändert.“
Gestalten, etwas voranbringen, für Ballas wichtige Themen. Dazu brauche es Partizipation. Und Transparenz. So habe er festgestellt, dass viele Mitarbeiter der Verwaltung noch nie in einer Sitzung des Gemeinderates waren und viele Gemeinderäte noch nie in der Verwaltung. „Das finde ich nicht gut“. Bis Ende des Jahres, so sein Wunsch, sollen alle mal überall hineingeschnuppert haben. „Das ist wichtig, um Abläufe beurteilen zu können“.
Führungen für neue Räte
Die erste Führung von neuen Gemeinderäten durch das Rathaus und die gemeindeeigenen Betriebe wie Bauhof und Wasserwerk hat er schon gemacht. Sie sollen sich ernst genommen fühlen. „Mir liegt an einer sachorientierten Zusammenarbeit mit allen Fraktionen.“
Vor kurzem hat er seine neuen Bürgermeisterkollegen bei einem Treffen mit Landrat Armin Kroder kennengelernt. Darunter auch einige neue Gesichter. „Ich hoffe auf einen guten Austausch“.
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Doch nicht nur die sozialen, auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie spürt Rückersdorf wie alle Gemeinden. Rund 20 Prozent weniger Gewerbesteuereinnahmen werden 2020 nach ersten Berechnungen wohl eingehen, meint der neue Bürgermeister. Hoffnungen auf einen größeren Geldsegen aus München oder Berlin hat Ballas nicht.
Tropfen auf den heißen Stein
„Wenn wir aus dem Topf etwas zum Ausgleich bekommen, wird das wohl mehr ein Tropfen auf dem heißen Stein sein“. So fielen in die ersten 100 Tage auch Beratungen darüber, welche Projekte vielleicht aufschiebbar sind. Sicher sei erst einmal nur eines: „Die Schule wird definitiv weitergehen“. Die Ausschreibungen laufen, bis 2026 soll, geht es nach Ballas, ein Neubau entstehen.
Und auch andere unaufschiebbare Aufgaben stehen an: Weil sich die Fertigstellung des evangelischen Gemeindezentrums verzögert, müssen Kindergarten- und Hortkinder ab September in Container umziehen. Die stellt die Gemeinde zur Verfügung. „Da sind wir gerade dran. Das sind Themen, die sind wichtig“. Verschoben hingegen einige Straßensanierungen. Auch die geplanten Verschönerungsmaßnahmen fürs Rathaus liegen auf Eis. Das Büro seines Vorgängers im ersten Stock hat er fast eins zu eins übernommen. Lediglich zwei Bilder hat er abgehängt, ein neues dafür auf. „Das ist mir auch grundsätzlich nicht so wichtig“.