Bauausschuss Hersbruck

Wohnraum contra Hersbrucker Historie

Das geplante Mehrfamilienhaus würde den Blick auf den Gänsturm stören. | Foto: J. Ruppert2021/01/Bau2.jpg

HERSBRUCK – „Der einmalige Blick auf das Stadtmauerensemble mit Gänsturm und Baumeisterturm wäre unwiederbringlich weg“, beschrieb Bürgermeister Robert Ilg die Auswirkungen des Vorhabens. Bei dem Projekt handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus, das im Hof der Schlosserei Bock am Rand von Hersbrucks Kern entstehen soll. Im Bauausschuss des Stadtrates gab es dazu ein klares Kopfschütteln.

Das geplante Gebäude mit neun zwischen 40 und 115 Quadratmetern großen Wohnungen auf mehreren Geschoßen und sechs Stellplätzen würde entlang der Grabenstraße gegenüber der AOK liegen. Das Bauamt unter Leitung von Stadtbaumeister Thomas Beygang bezeichnet das Gesuch als „städtebaulich nicht vertretbar“. Die Gründe reichen von der Wahrnehmbarkeit der historischen Anlagen über die Sicht an der Hauptzufahrt in die Altstadt bis zu fehlenden Parkmöglichkeiten.

Der Denkmalschutz lässt ebenfalls kein gutes Haar an dem Gesuch. Das Grundstück sei eines der letzten Primärdokumente der nordseitigen Stadtbefestigung, heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: Eine Bebauung des Grundstücks würde die Erlebbarkeit des Stadtgrabens als ein prägendes Strukturmerkmal des alten Hersbrucks zerstören. Außerdem befindet sich ein Kellergewölbe auf dem Areal.

Zu massiv

„In der Massivität an der Stelle wird die CSU das Vorhaben nicht mittragen“, sagte Norbert Thiel. Als weiteren Gegenpunkt nannte er die Platane (vier Meter Stammumfang) und die Blutbuche (zweieinhalb Meter Stammumfang), die beide dem beantragten Haus weichen müssten.

Irmgard Raum warb für eine deutlich kleinere Lösung und regte einen Ortstermin an, um den Keller zu besichtigen. Christian Puppa ging noch auf die Bedeutung der beiden großen Bäume für das „Klima“ in der Altstadt ein. Achim Stötzner begründete sein „Nein“ mit dem tunnelartigen Blick für die Autofahrer und mit der Stadtgeschichte.

Martin Schaffer zählte Pro-Aspekte auf: kein Flächenverbrauch (der Schlosserei-Hof ist eh weitgehend versiegelt), Wohnraum im Zentrum, Belebung der Altstadt, Wohnen ohne Auto. Letztlich überwog bei seiner Entscheidung aber das „Riesenargument“ Sicht auf die historischen Objekte. Auf Vorschlag von Robert Ilg wurde die Verwaltung beauftragt, mit dem Eigentümer über Alternativen zu verhandeln.

Zwei neue Häuser

In der Hohensteinstraße bekam ein Nachverdichtungswunsch das Okay. Die Baufirma muss sich an den Kosten des notwendigen Tekturplans beteiligen. Das Erfolgsmodell Hirtenbühl-Nord am westlichen Rand von Altensittenbach schreitet voran. Die Mitglieder des Ausschusses sahen keine größeren Probleme für ein Doppelhaus und ein Einfamiliengebäude.

Dagegen erteilte der Bauausschuss einem Großprojekt im Laubenweg mit 10:1 ein Veto. Ein Investor möchte eine dortige Villa abreißen und ein Mehrfamilienhaus mit 23 Wohnungen samt Tiefgarage errichten. Ursprünglich waren fünf Vollgeschosse vorgesehen. In der Voranfrage ging es nur um die reduzierte Planung mit vier Etagen. Die Verwaltung bezeichnet den Komplex als „Fremdkörper“ in dem Altensittenbacher Gebiet und schlug vor, das städtische Einvernehmen zu verweigern.

Robert Ilg sprach sich gegen eine massive Bebauung des Areals aus. Zudem gehe es in dem Fall um den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn im Jahr 2011 war das ähnlich lautende Gesuch eines Voreigentümers abgelehnt worden. Marcus Seitz schloss sich der Argumentation des Bürgermeisters an. „Ein Klotz“, sagte auch Martin Schaffer. Dennoch stimmte er für das Vorhaben, weil dadurch viel Wohnraum geschaffen werde. „Ohne weiteren Flächenfraß und ohne ein weiteres Ausfransen Hersbrucks“, veranschaulichte der HGB-Stadtrat seine Haltung.

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