Hersbrucker Gedenkfeier am 27.1.

Wer weiß etwas über Rosa Lehmann?

Rosa Lehmann (Mitte) und Johanna Höllenreiner mit einer unbekannten dritten Frau (links), vermutlich vor dem Haus der Familie Lehmann. Der Verein fragt, ob das Bild wirklich im früheren Fichtachweg in Hersbruck entstanden ist. | Foto: Archiv Verband Dt. Sinti u. Roma2017/01/rosa-lehmann.jpg

HERSBRUCK – Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. An diesem Tag finden in Hersbruck wieder ein ökumenischer Gottesdienst zum Thema statt (18.30 Uhr, Spitalkirche) und anschließend ein Schweigeweg und eine Lichterkette auf dem Weg der früheren KZ-Häftlinge durch Hersbruck. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr ist das Schicksal der Hersbrucker Sinti-Familien.

Den Gottesdienst gestalten die christlichen Kirchen in Hersbruck gemeinsam, erstmals zusammen mit der griechisch-orthodoxen Gemeinde und mitgetragen von der Neuapostolischen Kirche. An die kirchliche Gedenkfeier schließt sich wie jedes Jahr ein Schweigeweg auf dem Weg der KZ-Häftlinge zur Bocchetta-Skulptur an, entlang von Schülern und Familien aus Hersbruck und Happurg, die Kerzen in ihren Händen halten.

An der Plastik im Rosengarten findet ein öffentlicher Abschluss statt, der für alle gedacht ist, nicht nur für Christen. Der Verein Dokumentationsstätte KZ Hersbruck lädt zur Gesamtveranstaltung auch im Namen der Stadt Hersbruck ein. Bürgermeister Robert Ilg und Landrat Armin Kroder haben ihre Anwesenheit zugesagt.

In diesem Jahr steht das Schicksal der Hersbrucker Sintifamilien und hauptsächlich von Rosa Lehmann (siehe „Zum Thema“) im Zentrum. Aus diesem Anlass sind Mitglieder der Familien Lehmann und Höllenreiner und Strauß besondere Gäste des Gedenkens, und Eva Franz als Zeitzeugin spricht ein Grußwort als Vertreterin des Verbandes deutscher Sinti und Roma. Die musikalische Begleitung der Veranstaltung übernehmen Ruth Barkowski an der Orgel und die Gruppe Schlamasseltov um Volker Heitmann.

Der Doku-Verein trägt noch immer Informationen zu den Ereignissen zusammen, zum 8. März 1943, als die Deportation der Hersbrucker Sinti-Familien nach Auschwitz-Birkenau stattfand und zu der Zeit danach. Von besonderem Interesse für ihn sind auch Erinnerungen von Zeitzeugen, zum 8. März selbst und den Ereignissen des Tages, wie zum Beispiel zur Zugfahrt nach Nürnberg, aber auch zum Zusammenleben der „Nicht-Sinti“ mit den Sinti-Familien nach dem Krieg in Hersbruck und Umgebung.

Eine konkrete Frage des Doku-Vereins bezieht sich auf das Bild, das vermutlich im Fichtachweg entstand. Vereinsvorsitzender Thomas Wrensch fragt: Stimmt das? Und wenn ja, wo genau stand das Gebäude? Außerdem: Wer ist die dritte Person hinter Rosa Lehmann und Johanna Höllenreiner, der Mutter von Rosa Lehmann. Weitere Bilddokumente sind willkommen. Ziel des Vereins ist die Errichtung einer Gedenkstele oder -tafel zum 8. März 2018 in Zusammenarbeit mit der Stadt Hersbruck.

Zum Thema:
Rosa Lehmann wurde mit ihrer Familie am Rosenmontag, dem 8. März 1943, in den ersten Morgenstunden von lokalen Ordnungskräften in ihrer Wohnung in Hersbruck festgenommen und wahrscheinlich mit dem Personenzug nach Nürnberg ins Polizeigefängnis gebracht. Sie durften nur wenig Kleidung und Nahrung mitnehmen, jedwedes sonstige Eigentum musste zurückgelassen werden. Den achtjährigen Jungen holte die Polizei gleich von der Schule. Seine Schultasche nahm er mit, er erinnerte seine Mutter daran, dass er noch Hausaufgaben zu machen hätte.
Von Nürnberg wurden Rosa Lehmann und ihre Familie in Viehwaggons nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Am 18. März traf die Familie in Auschwitz ein. Am 15. April 1944 wurde Rosa Lehmann zusammen mit 473 anderen weiblichen Gefangenen nach Ravensbrück weiter verschleppt, registriert mit der Bemerkung „asozial, Zigeunerin“. Am 17. August kam sie ins Außenlager Schlieben des KZ Buchenwald, dann ins Außenlager Altenburg, schließlich nach Taucha bei Leipzig.
Im April 1945 sollten die Häftlinge in eine Sandgrube geschafft und umgebracht werden. Ihr gelang die Flucht, indem sie sich von einer „Ackerscheuch“ die Hose und die Jacke anzog. Dann schmuggelte sie sich in einen Bus nach Leipzig und erwischte einen Zug Richtung Süden. Schließlich lief sie bis kurz vor Hersbruck. So gelang ihr die Flucht.
Auch ihr Ehemann Josef überlebte das KZ. Das Paar Lehmann wohnte noch einmal in Hersbruck in der Leutenbachstraße 19, im heutigen Gasthaus „Zur Alten Bahn“. Später lebten sie in Nürnberg. 2007 starb sie und wurde in Hersbruck begraben.

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