Es wird heute „slow“ bei den Unterkrumbacher Werkstatt-Tagen: Um 19 Uhr hält der Nürnberger Architekt Prof. Andreas Emminger einen Vortrag über Architektur, Stadtplanung und Lebensqualität und darüber, was das alles mit einer Cittaslow wie Hersbruck zu tun hat.
Kann Architektur „slow“ sein?
Andreas Emminger: Architektur ist bestenfalls „slow“ im Sinne von bedachtsam im Gefüge einer Stadt oder eines Siedlungsgebietes. Das liegt schon allein daran, dass die Entstehung von Architektur die Vernetzung völlig unterschiedlicher Betrachtungsweisen und Interessengruppen wie Bauherr, Nachbarn, Öffentlichkeit beinhaltet. Und das braucht Zeit.
Wie groß ist der Einfluss von Architektur auf Stadtentwicklung und Lebensqualität?
Der ergibt sich aus der Tatsache heraus, dass Architektur immer in einem Kontext baulicher, stadträumlicher, landschaftlicher, kultureller oder gesellschaftlicher Art steht. Wir sprechen nicht umsonst von unserer „gebauten Umwelt“. Architektur prägt uns vom Wohnen über Erziehung, Bildung, Arbeit bis hin zur Freizeit, positiv wie negativ.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit diesen Themenbereichen zu beschäftigen?
Ich bin viel in Europa und Südamerika. Man lernt, Handlungen und Bedingungen zu relativieren, wenn man sich mit anderen Kulturen auseinandersetzt.
Heißt „slow“ denn nun einfach Lebensqualität?
Gegenfrage: Heißt „slow“ denn überhaupt Lebensqualität? Der Begriff kommt aus dem kulinarischen Bereich, „slow food“ als Gegensatz zu „fast food“. Wenn man die ursprüngliche Intention der „slow food“-Bewegung allgemeiner übersetzen wollte, so geht es schlicht und ergreifend um Wahrnehmung. Im Zuge einer sich immer schneller drehenden Welt gehen für den Einzelnen die Maßstäblichkeit und Rückzugsgebiete verloren. Dies zu bewältigen, würde ich unter „slow“, also achtsam, zusammenfassen.
Eine Citta slow ist also dann….
…eine Stadt, die Nischen für die Begegnung von Individuum und Gemeinschaft bietet, in der eher das Individuum die Gemeinschaft formt als umgekehrt. Eine Stadt also, die sich ihrer Ränder und Randgruppen bewusst ist, integriert und die Beteiligung des Einzelnen auch einfordert.
Das Problem ist aber doch, dass bei vielen der „slow“-Gedanke noch nicht angekommen ist.
Wie auch? Die Begriffe müssen geordnet, transparent gemacht und auch transportiert werden. „Entschleunigung“ betrifft uns alle, aber eben dort, wo wir es auch verkraften. Maßstäblichkeit, Angemessenheit, Dichte, so hat der Architekturkritiker Wolfgang Pehnt die Kriterien zur Bewertung baukulturell prägender Architektur benannt. Genau darum geht es: Unser städtisches Umfeld muss für die Ebenen des gesellschaftlichen Lebens unterschiedliche Dichte und Maßstäbe in seiner räumlichen Prägung bereithalten, damit verschiedene Geschwindigkeiten im Schrittmaß des Daseins möglich sind.
Wo sind Sie nun im wörtlichen Sinne „slow“?
Für Langsamkeit habe ich eigentlich gar keine Zeit (lacht). Aber beim Kochen, Musizieren und Denken, da nehme ich mir gern so viel Zeit wie nur möglich.
Interview: Andrea Pitsch