Sand und Schluff in der Störzone

Seit April laufen die Erkundungsarbeiten unter anderem in Form von Kernbohrungen, die den Grund des Happurger Oberbeckens zu einer Großbaustelle machen. Foto: J. Ruppert2011/07/5_2_1_2_20110727_BECKEN.jpg

HERSBRUCK – (ap) Am Ende herrschten „Enttäuschung“ über wenig konkrete Ergebnisse und „Erleichterung“ über eine fundierte Analyse statt Tempo zur raschen Betriebsaufnahme: So treffend fasste Bürgermeister Robert Ilg die Stimmung nach der außerordentlichen Bürgerversammlung für Happurg und Hersbruck zu Schadensfall und Sanierung des Happurger Oberbeckens zusammen. Eon Wasserkraft gab einen Zwischenbericht.

Für rund 350 Personen hatte die Stadt die Grundschulaula bestuhlt, gut die Hälfte der Plätze war besetzt. „Der Sommerabend bietet eben wenig Alternativen“, zeigte Ilg eine gewohnt lockere Herangehensweise an ein ernstes Thema. Er und sein Happurger Amtskollege Helmut Brückner waren sich einig, dass es gut sei, dass alle nun durch die Eon-Verantwortlichen auf den gleichen Sachstand gebracht würden: „Es ist egal, wo die Bürger besorgt sind, ob auf der einen oder der anderen Seite vom Deckersberg.“

Um diese Sorgen zumindest etwas zu mindern, war neben den Fachbehörden, dem Eon-Projektleiter der Sanierung Tobias Heiserer und Anlagenmanager Georg Rembold auch Karl-Heinz Straßer (Leiter Wasserbau) gekommen. Zur Einführung gab dieser einen kurzen Einblick über den Ist-Zustand am Oberbecken, das 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser fasst, 1958 gebaut wurde und bereits mehrere Schadensfälle erlebt hat. Die aktuelle Dichtung besteht am Boden aus 60 Zentimeter Lehm und an der Böschung aus zwei Meter starkem Tonbeton.

Im Januar war es zu einer „Familie“ von gut einem Dutzend Sohleinbrüchen auf einer Fläche von 50 mal 80 Metern gekommen. Seit April läuft die geotechnische Erkundung des Beckenuntergrundes, die sich derzeit in der zweiten Phase befindet und vom Sachverständigen Professor Christian Moormann (Lehrstuhl für Geotechnik an der Universität Stuttgart) geleitet wird. Dieser gab einen detaillierten Einblick in die bisherige Arbeit am Deckersberger Schadensfall: Mit Hilfe von 54 Kernbohrungen in Sohle und Ringdamm wurden unter anderem Gesteinsproben entnommen, Grundwasser gemessen und die Wasserdurchlässigkeit des Untergrundes geprüft. Sogar kleine Erdbeben wurden erzeugt.

Die Erkenntnisse: Im Bereich der Störzone machten die Wissenschaftler bis in Tiefen von 22 Metern unter der Sohle Lockergestein aus mit Sand und Schluff verfüllten Hohlräumen aus. Dieses löste sich durch Wassereintritt, das vermutlich von kleinen Leckagen der Beckendichtung stammt, in rascher Geschwindigkeit auf und drängte dort, wo es auf den Jura-Kalkstein trifft, in dessen Klüfte ein. Die Folge: Der „intakte Beckenboden sackte einfach nach unten ab“, so Moormann.

Für Eon bedeutet dies zweierlei. Zum einen muss ein neues Dichtungssystem mit höherer Kontrollierbarkeit eingebaut werden. Vermutlich wird es unter anderem aus Kunststoff, Betonit und Schotter bestehen, erläuterte Straßer. Doch wie es genau aussieht, wird erst nach der Sanierung des Untergrundes feststehen. „Hier gibt es noch keine Lösung, da die finalen Auswertungen fehlen“, erklärte Straßer.

Das Konzept hierfür wird erst im September stehen, mit den Behörden abgestimmt und dann den Bürgern vorgestellt. Ab Dezember ist die einjährige Bauausführung geplant.

Trotz dieser detaillierten Informationen, der Offenheit und der demonstrierten Aktivität machte sich bei den Bürgern aus Ellenbach, Kainsbach und Happurg leichte Unzufriedenheit breit. Es fehlten ihnen konkrete Aussagen zum Thema Dammsicherheit, Stauzielerhöhung und Wasserverlust des Beckens. Also fragten die Anwesenden nach.

Paul Rögner zweifelte die Standfestigkeit der Beckenböschung bei Katastrophen wie einem Flugzeugabsturz („Hundertprozentige Sicherheit gibt s nicht“, so Brückner) an und forderte unter dem Applaus der Versammlung den Verzicht auf die Kapazitätenaufstockung. Erstere sei gegeben, man habe bei den Bohrungen nur drei Flächen mit Lockergestein entdeckt, führte Moormann aus. Die Stauzielerhöhung sei derzeit kein Thema, die Sanierung stehe zunächst im Vordergrund, so Straßer.

Die Bedenken von Georg Weidinger, Brückner und Renate Lochmüller drehten sich um die ausgetretene, unbekannte Wassermenge und deren Wirkung. Laut Straßer und Moormann sei das Wasser in den Berg gesickert und habe diesen über die Quellen wieder verlassen. Somit habe sich kein „unterirdischer See“ in Hohlräumen gebildet, die irgendwann aufbrechen könnten. Dass die Felder der Bauern seit der Beckenleerung trockener seien, führte Straßer auf das regenarme Frühjahr zurück. Moormann und Eon-Geschäftsführer Christof Gattermann ergänzten, dass es sich bei dem Schadensfall um einen zeitlich begrenzten Vorgang handle, denn Vollstau-Versuche Ende 2010 hätten keine Auffälligkeiten ergeben.

Außer bei Ulrike Eyrich, die nach der Haltbarkeit der kommenden Kunststoffabdichtung (mindestens 30 Jahre) fragte, und Peter Weidinger, der sich für deren Verschweißung mit einer Doppelnaht interessierte, ging der Blick der Bürger vor allem zurück, auf die Fehler der Bauzeit, für die Eon, die das Pumpspeicherwerk Happurg erst im neuen Jahrtausend übernommen hat, nun aufkommen muss. Ebenso wie das Unternehmen (aus Gründen der Wirtschaftlichkeit) setzt auch Ilg auf die Wasserkraft, „aber nur bei höchster Sicherheit für die Bürger“. Daran arbeitet Eon wohl noch länger.

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