Gottesdienst zum Reformationstag

Nur der Glaube zählt

Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern hielt die Predigt zum Reformationstag, die sich um Freiheit drehte. | Foto: A. Pitsch2016/11/IMG_9200.jpg

HERSBRUCK – Der 31. Oktober – für die evangelischen Christen nicht nur Reformationstag, sondern in diesem Jahr auch der Auftakt in das große Jubiläum zu 500 Jahren Thesenanschlag Martins Luthers im kommenden Jahr. Beim Festgottesdienst mit Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern wurde klar: Reformationsgedächtnis-Jahr soll Jesus feiern.

„Das Evangelium von Jesus Christus ist der Grundstein des Glaubens, des Lebens und auch dieser Kirchengemeinde“, rückte Dekan Werner Thiessen gleich zu Beginn des stimmungsvollen, aber klassisch gehaltenen Gottesdienstes, der ohne besondere Gestaltungselemente auskam, zurecht. Das Feierjahr soll nicht aus „Heldengedenktagen für die Reformatoren“ bestehen, sprach Thiessen mit Nachdruck in die einnehmende Atmosphäre des sehr gut gefüllten Kirchenschiffs hinein.

Die liturgischen Tücher an Kanzel und Altar erstrahlten im festlichen Rot und das lange, lautstarke und erhabene Glockengeläut in der Dunkelheit schien die Geister von Halloween vertreiben und die Botschaft des Abends über die Stadt ausbreiten zu wollen. Zum festlichen Flair trugen auch die Blechbläser der Selneckerkantorei mit ihren beschwingten Klängen bei.

Da passten Luthers recht lockere und unverblümte Gebete fast nicht hinein. Dekan Thiessen betete einige dieser zusammen mit den Gottesdienstbesuchern und brachte damit zugleich die zentralen Themen des Reformators auf den Altar: die Suche nach dem gnädigen Gott, der Mensch als verlorenes Schaf, der sich oft über andere ärgert. Als dann die Gemeinde „Ich bin würdig gewesen“ von Luther gemeinsam sprach, bekam der Mönch viele Stimmen – fast wie vor 500 Jahren, als die Reformation sich übers Land verbreitete.

Und die Menschen frei machte. Die Worte „Jesus hat uns zur Freiheit befreit“ waren die Grundlage des fesselnden und aufgrund vieler Brückenschläge zu heute aktuellen Predigttextes von Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern. Sympathisch lachend stand sie auf der Kanzel und posaunte diesen Satz wie „eine Fanfare in das Reformationsjahr hinein“.

Denn Luther nahm sich die Freiheit, den Ablasshandel der katholischen Kirche als „Spiel mit den Ängsten der Menschen zu entlarven“, die diese unfrei machten. Die Regionalbischöfin beschrieb dieses Spiel als „ungemein erfolgreiches Geschäftsmodell“, das nicht nachhaltig war und die Gläubigen in einer Abhängigkeit gefangen hielt. Luthers Tun 1517 sei also eine „Botschaft der Freiheit“ gegenüber Autoritäten, Kirche und Staat.

Und wo ist da der Zusammenhang zu heute? „Wir haben Angst vor den Flüchtlingen, dem IS oder vor einer erneuten Wirtschaftskrise – das ist ein Hochrisikogeschäft für unsere Gesellschaft“, fasste Elisabeth Hann von Weyhern zusammen. Nur sind das Ängste oder wirklich berechtigte Sorgen? Eine direkte Antwort ließ sie vermissen, schlug aber gekonnt den Bogen zum Dialog mit anderen Religionen. Denn: „Freiheit ist anstrengend“, gestand sie ein, „aber sie schafft Kraft für Liebe und Toleranz“. Diese Dinge sind nötig, um mit Andersgläubigen in Kontakt zu treten. „Tun wir das nicht, bleibt Raum für Scharfmacher.“ Das heißt aber auch, dass Freiheit bedeutet, Verantwortung zu übernehmen für die Gemeinschaft und für Europa, so Elisabeth Hann von Weyhern. Dann folge aus Freiheit auch Sicherheit.

Sicher war es in der Zeit der Reformation selten, Kriege und Auseinandersetzungen beherrschten die Jahrzehnte, bis die Kirchenspaltung endgültig vollzogen und akzeptiert war. „Die Reformation war keine Erfolgsgeschichte“, gab sie unumwunden zu. Auch antisemitische Züge sind zu finden. Diese hätte man auch im aktuellen Predigttext herauslesen können, in dem sich Paulus gegen die Beschneidung wendet – aber nicht bei den Juden oder im Islam, sondern bei den Christen.

Damals gab es schon eine „religiöse Mitnahmementalität“, wie es die Regionalbischöfin beschreibt. Auch heute holen sich Christen Buddhas oder Traumfänger ins Haus, reinigen die Chakren nach dem Motto „vielleicht nützt es ja, schaden tut es sicher nicht“. Diese Haltung scheint Elisabeth Hann von Weyhern zuwider zu sein. Sie macht eines klar: „Allein der Glaube reicht.“ Das ist nicht nur die zentrale Aussage der Predigt, sondern auch der Reformation, diesem „Christusfest“, das nun ein Jahr lang gefeiert wird.

Die HZ wird das Reformationsjubiläum in loser Folge begleiten. Alle Veranstaltungen zum Reformationsjahr im Dekanat Hersbruck gibt es unter www.dekanat-hersbruck.de/luther2017/

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