Auf ehemaligen Äckern entstehen bunte Blumenwiesen

Den Bienen blüht was

Am Moosbacher Ortsrand hat Daniel Rupprecht (oben) mehrere ehemalige Äcker in große Blumenwiesen verwandelt. Der Juniorchef des örtlichen Geflügelhofs informiert seine Blühwiesen-Paten regelmäßig per Rundbrief über die Entwicklung der Flächen. Fotos: Alex Blinten2019/07/NL-Bluehflaechen2.jpg

HEGNENBERG – Was ist eigentlich aus den Bienenweiden geworden, für die zahlreiche Bürger aus dem Verbreitungsgebiet des Boten Patenschaften übernommen haben? Die haben sich prächtig entwickelt. Wer von Hegnenberg hinauf fährt auf den Ernhofer Berg findet linker Hand ein 2,3 Hektar großes Feld voller Blumen. Gleich vorne, etwa 20 Meter von der Straße, steht ein großes Schild mit den Namen aller Paten, die hier jeweils 100 Quadratmeter Blumenwiese gepachtet haben. Landwirt Thomas Bobisch freut sich über den unerwartet großen Erfolg seiner Aktion, die er zunächst als Trotzreaktion auf das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ im Frühjahr startete (wir berichteten).

Der Hegnenberger Milchviehhalter war im Februar mit dem Angebot an die Öffentlichkeit gegangen, jeweils 100 Quadratmeter landwirtschaftlicher Fläche, auf der er für gewöhnlich Mais oder Getreide anbaut, als Blumenwiesen zu verpachten – für 50 Euro im Jahr. Seine Vermutung damals: Für das Volksbegehren unterschreiben fällt den Leuten leicht, sich persönlich engagieren will aber niemand.

Thomas Bobisch (links) pflanzte am Ernhofer Berg auf einer Fläche von 2,3 Hektar Blumen an. Er konnte 165 Paten für das Projekt gewinnen. Die Namen sind auf einer Infotafel festgehalten.2019/07/NL-Bluehflaechen.jpg

Niemand? Da hatte Bobisch sich aber so was von geirrt. Als der Bote über das Angebot berichtet hatte, klingelte bei ihm daheim pausenlos das Telefon. Aus Altdorf, Feucht, Burgthann und Schwarzenbruck meldeten sich Interessenten, nachdem der Beitrag im Internet erschienen war, kamen Anrufe sogar aus München. Heute stehen 165 Namen auf dem großen Schild auf der Hochfläche bei Hegnenberg. Die Leute haben insgesamt 206 Anteile für jeweils 100 Quadratmeter gezeichnet und dafür gesorgt, dass über zwei Hektar ehemaliger Ackerfläche sich in eine riesige Blumenwiese verwandelte. Sonnenblumen, Klee, Senf und die als Bienenfreund bezeichnete Phacelia, Kornblumen und letzter Klatschmohn blühen um die Wette. Bienen, Hummeln und Käfer umschwirren die Blüten. Es summt auf dem Ernhofer Berg.

Die Blühfläche macht also ihrem Namen als Insektenweide alle Ehre und soll im kommenden Jahr erneut erblühen. Einen Teil der 2,3 Hektar will Bobisch belassen und beobachten, wie sich die ausgesäten Blumen im zweiten Jahr entwickeln, einen anderen Teil will der umpflügen und neu bepflanzen – mit der „Veitshöchheimer Bienenweide“, der bekanntesten Saatmischung für Blumenwiesen.

Kürzlich meldete sich eine Patin bei ihm und klagte darüber, dass derzeit zu wenige rote Blumen auf der Blumenwiese bei Hegnenberg zu sehen seien. Tatsächlich sieht es auf den ersten Blick so aus, als ob die blaue Phacelia überwiegt. „Das liegt an der trockenen Witterung“, sagt Bobisch. Wer aber in die Wiese hineingeht, findet unterhalb der hoch wachsenden blauen Blumen zahlreiche rote, gelbe und weiße Blüten anderer Arten wie Rotklee, Margariten und Schafgarbe. Eine große Artenvielfalt also, bei Pflanzen wie bei den Tieren, die sich in den Blüten tummeln.

Per Hand hat Hans Vitzthum (rechts) die Blumenwiesen bei Grub angesät und freut sich jetzt über die große Blütenpracht.2019/07/NL-Bluehflaechen1.jpg

Hans Vitzthum aus Grub dagegen erlebte im vergangenen Jahr eine herbe Enttäuschung, nachdem er einen Acker an der Straße nach Rasch in eine Blumenwiese umgewandelt hatte. In dem trockenen Jahr gediehen zunächst nur Sonnenblumen, alle anderen Arten machten sich rar. Vitzthum nimmt am Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) des bayerischen Landwirtschaftsministeriums teil. Über Kulap können Landwirte bis maximal drei Hektar ihrer Flächen in Blumenwiesen umwandeln und erhalten dafür einen finanziellen Ausgleich. Über fünf Jahre dürfen auf der Fläche dann nur Blumen wachsen. Die Saatmischung dafür gibt das Amt für Landwirtschaft vor, sie ist so zusammengestellt, dass die Blumen über den festgelegten Zeitraum immer wieder hoch wachsen.

Hans Vitzthum ist nach der Erfahrung im vergangenen Jahr heuer positiv überrascht, wie gut sich die Blumenwiese entwickelt. Der Senior hat auf den Flächen des von seinem Sohn Michael bewirtschafteten Betriebs mehrere Bienenweiden angelegt. Mit der Hand hat er die Mischungen auf vier Parzellen ausgesät. Auf insgesamt 2,8 Hektar ehemaliger Getreideäcker wachsen nun Blumen. Telefonisch gibt er gerne Auskunft über die Blühflächen und mögliche Patenschaften: 0151/59497439.

Daniel Rupprecht (22) ist Juniorchef im gleichnamigen Geflügelhof in Moosbach. Er hat auf drei Parzellen in der Nähe der Ortschaft auf insgesamt 1,5 Hektar Blühflächen angepflanzt und konnte 40 Paten gewinnen, einige aus Moosbach selbst, andere aus der näheren Umgebung, außerdem den Verein Naturfreunde Nürnberg-Nord, der gleich mehrere Patenschaften für jeweils 100 Quadratmeter Fläche übernommen hat. 20 seiner Paten wollen zunächst für ein Jahr dabei bleiben, zehn für drei Jahre und weitere zehn für fünf Jahre.

Die Rupprechts bewirtschaften acht Hektar Ackerland, rund 20 Prozent davon sind jetzt Blühflächen, über deren Gedeihen der junge Moosbacher die Paten monatlich per Rundbrief informiert.

Eigentlich könnte Daniel Rupprecht ganz zufrieden sein mit seinem Projekt. Die Blühwiesen freilich kommen nicht bei allen gut an. Deshalb verliert er eine Fläche in der Nähe der Winkelhaider Straße, die er bislang angepachtet und mit Blumen bepflanzt hat. Der junge Moosbacher hatte hier auch eine Infotafel aufgebaut, die über die Blühflächen und die Patenschaften informierte. Die musste er zwischenzeitlich abbauen. Weil der Eigentümer der gepachteten Fläche mit Blumenwiesen auf ehemaligen Äckern ein Problem hat, kündigte er dem Geflügelhof-Bauern. Der Pächter muss im kommenden Jahr auf eine Ersatzfläche ausweichen.

Kritiker gibt es ohnehin genügend. 50 Euro Jahrespacht für 100 Quadratmeter Blühfläche – das sei einfach zu teuer, das sei Geschäftemacherei, heißt es. Die Landwirte bekämen doch sowieso Ausgleichsgelder, wenn sie ihre Flächen im Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) anmelden würden. Thomas Bobisch sagt, dass er seine Blumenwiesen auf dem Ernhofer Berg nicht für das Kulap angemeldet hat. Und die 50 Euro Jahresbeitrag für 100 Quadratmeter Blühfläche sind nach seiner Überzeugung angemessen. Wenn jemand in seinem Privatgarten 100 Quadratmeter vom Gärtner in eine Blumenwiese umgestalten lässt, dann kostet das mehr als 50 Euro, sagt Bobisch.

Daniel Rupprecht hat seine Flächen auch beim Kulap angemeldet. „Weil es für einen Hektar rund 600 Euro Ausgleichszahlung gibt, wenn hier nur Blumen wachsen, der Ertrag mit einer Getreideernte liegt aber deutlich darüber“, sagt der junge Moosbacher. „Und unser Betrieb muss ja existieren.“ Der Maschinenpark muss unterhalten, Futter für das Federvieh gekauft und Versicherungen müssen bezahlt werden. „Naturschutz mit Blumenweisen“, sagt Rupprecht, „das ist ja auch ein Mehrwert für die Gesellschaft.“

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