ENGELTHAL – „1000 Bäume für die Frankenalb“ … still und leise erreichte das Streuobst-Großprojekt ein wichtiges Etappenziel. Nun wurde bei Engelthal feierlich der 1000. Obstbaum gepflanzt: Eine „Bamberger Kugelbirne“. Zu Boden ließ sie Bürgermeister Günther Rögner, selbst Sohn einer Obstbauernfamilie.
Kurz von Zehn strömten von überall gut gelaunt die Weggefährten und Ehrengäste zu Ottmar Fischer, den Vorsitzenden der Streuobstinitiative Hersbrucker Alb, ans Pflanzloch: Georg Rauh, Bürgermeister von Offenhausen, der neue Projektmanager der Ökomodellregion Daniel Mettke, Karl Rauenbusch und Niels Baumann vom Landschaftspflegeverein, Karl Heinlein und Rainer Wölfel vom Naturschutzzentrum Wengleinpark und Gerhard Schütz vom Bund Naturschutz, um nur einige prominente Unterstützer zu nennen. Vor einem riesigen Haufen Obstbaumschnitt – „da wohnen schon ein Zaunkönig und eine Igelfamilie drin“ dampfte auf einem kleinen Tischlein-deck-dich Streuobst-Apfelpunsch.
„… und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Luther einst gesagt haben. Mit ebendieser Unverdrossenheit schoben die Initiatoren des Projekts „1000 Obstbäume für die Frankenalb“ vor etwas mehr als fünf Jahren das Projekt an: Die Streuobstwiesenlandschaft Hersbrucker Alb als lebendige Kulturlandschaft zu erhalten und erblühen zu lassen, war ihr Ziel. Die HZ begleitete die Aktion mit der Serie „Obst auf dem Anger“.
Gefährdetes Paradies
So groß die Begeisterung für den leckeren Streuobstwiesensaft der Region auch ist: Kaum jemand macht sich klar, dass auch Bäume alt werden und sterben. Und dass wir diesen einmaligen Geschmack eben nur mit den „alten Sorten“ bekommen. Doch „Alte Sorte“ ist nicht gleich „Alte Bäume“. Die Baumbevölkerung muss sich wie jede Gemeinschaft erneuern, erzogen und gepflegt werden. Die vorhandenen Streuobstwiesen seien großenteils „vergreist“, weil seit Jahrzehnten nicht ausreichend nachgepflanzt wird. Deshalb stünden 80 Prozent der Bäume nicht in voller Vitalität da, sondern seien vergreiste Altbäume, die in der nächsten Dekade ihrem natürlichen Ende entgegen gehen. Genau da hakte das „1000 Bäume für die Frankenalb“-Projekt ein. Man startete mit einem groß angelegten Kartierungsprojekt, betreut vom Pomologen Wolfgang Subal und dem Appelsberger Streuobstexperten Ottmar Fischer. Insgesamt 1805 Kernobstbäume wurden erfasst. Subal definierte daraus 92 Sorten, die seiner Meinung nach nachgezüchtet werden sollten. Darunter zehn ganz seltene, die wieder mit je zehn Bäumen in die Landschaft gebracht werden sollten.
Die Streuobstinitiative Hersbruck übernahm dabei die Steuerung der Auftragsveredelung, dass heißt Fischer schnitt die Reiser, brachte sie in eine Baumschule in der Fränkischen Schweiz, die die Aufzucht der Bäume übernahm.
Wer auf seiner Streuobstwiese nachpflanzen will, kann sich über die Streuobstinitiative Hersbrucker Alb beraten lassen. Als Vereinsmitglied kann man sie günstig mit einer Gruppenzertifizierung über den e.V. biozertifizieren lassen und die Ernte über den Verein verkaufen, was erheblich besser honoriert wird als die konventionelle Obstverwertung.
Eine Vielzahl vor allem junger Menschen hat in den letzten Jahren die Obstbauseminare der Streuobstinitiative absolviert. Um ihr Erbe zu bewahren – oder um neue Streuobstwiesen anzulegen.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Bewahren der Obstwiesen in unserer Region, wie sie Einwohner, Urlauber und Ausflugsgäste gleichermaßen schätzen, ohne weiteres Zutun eine unglaubliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. Eine essenzielle Ressource für die natürlichen Selbstheilungskräfte unserer Landschaft. Der Leiter der Umweltakademie Baden-Württemberg schreibt: „Man müsste diese Kombination aus Wiesenland und Obstkulturen geradezu erfinden, wenn es sie nicht schon geben würde“.
Vorbildliche Projekte
Doch es war sicher nicht nur dieser Aspekt, der die Sparkasse Nürnberg als Sponsor bewog, das Projekt mit der Pflanzung von 100 Bäumen zu unterstützen. Die Gemeinde Offenhausen ist dabei, einen vorbildlichen Streuobstrundweg anzulegen. Etliche interessierte Bürger holten sich Bäume, um das alte Streuobst-Paradies wieder aufleben zu lassen. Gemeinden können sich bei der Nutzung ihrer Ausgleichsflächen beraten lassen: auf der Streuobstwiese gehen Heimatverbundenheit und Ökologie Hand in Hand.
Denn die Region hat eine lange Tradition als Obstanbaugebiet, war im 18. Jahrhundert so etwas wie das „Südtirol Nürnbergs“. Nur eben ohne Pestizide. Und sie sind bis heute ein Refugium der gesunden Artenvielfalt. Eben das, was die Hersbrucker Alb so einmalig macht. Und es geht weiter – es sollen noch viele Obstbäume gepflanzt werden, damit die Vielfalt, die unsere Vorfahren hinterlassen haben, erhalten bleibt. Gabriele Bräutigam
Infos über das Projekt, über Seminare und Aktivitäten rund ums Streuobst gibt’s auf www.1000obstbaeume.de, www.streuobstinitiative-hersbruck.de oder www.pomme200.de.