Mimberger spielt als Komparse mit vielen Prominenten

Rendezvous mit Senta und Jan Josef

Schölzke stattet eine Metzgerei als Kulisse mit aus – mit Plastikwürsten. | Foto: privat2019/11/Mimberg-Schoetzke-2.jpg

BURGTHANN – Er kennt vielleicht nicht alle Schauspieler, die tagtäglich über den Bildschirm flimmern, aber mit etlichen von ihnen hat er schon gearbeitet, mit vielen hat er sich schon von Angesicht zu Angesicht unterhalten.

Und hat dabei festgestellt: „Das sind Menschen wie du und ich.“ Heiner Lauterbach, Jan Josef Liefers, Anna Maria Mühe, Senta Berger, Monika Gruber, Devid Striesow, Gisela Schneeberger – noch viele Namen könnte er hinzufügen, ebenso die Namen von Regisseuren: Lothar Schölzke aus Mimberg ist Komparse, Statist und ab und an auch Schauspieler mit kleinen Sprechrollen. Er spielt in Laien-Ensembles mit, bei den Neumarkter Passionsspielen, den Eppelein-Festspielen, am Nürnberger Theater, aber eben auch im Tatort, bei Soko München oder in einer Hollywood-Produktion. Denn das Darsteller-Fieber hat ihn heftig gepackt.

Interesse an der professionellen Schauspielerei hat er schon lange, und indirekt ist er auch durch seinen Beruf als Verkaufsleiter dazu gekommen. Denn als Ausbilder musste er immer wieder Rollenspiele mit seinen jungen Kollegen durchexerzieren und hatte dabei besonderen Spaß.

Aus fahrenendem Zug gesprungen

Als vor einigen Jahren für den Film „Unsere Mütter, unsere Väter“ Komparsen gesucht wurden, die auch bereit waren, sich den Schädel zu rasieren und in der Originalkleidung von KZ-Häftlingen aufzutreten, meldete er sich und wurde genommen. „Ich musste als Deportierter aus einem fahrenden Zug springen“, erinnert er sich an die anspruchsvolle Aufgabe.

Weil er seine Sache gut machte, wurde er in die Kartei einer Agentur aufgenommen und erhält nun immer wieder Angebote, manchmal so kurzfristig, dass ihm gerade ein paar Stunden Zeit bleiben, um sich auf den neuen Job einzustellen. In der Karteikarte sind dann ein paar Parameter über sein Aussehen vermerkt, sein Alter, der Heimatdialekt sowie besondere Fähigkeiten, zum Beispiel, dass er als ehemaliger Marinesoldat auch den Bootsführerschein besitzt.

Von der SS verhaftet

Die jüngste Komparsenrolle hatte er in dem Film „Résistance“, der im nächsten Jahr in die Kinos kommt. Darin spielt er einen Rabbi, der von der Gestapo und der SS verhaftet wird, weil er jüdische Waisenkinder versteckt hat. In Fürth und in Kronach in Oberfranken wurde der Film gedreht, bei dem Hollywood-Regisseur Jonathan Jakubowicz die Regie führte. Dessen Arbeit sowie die aller Regisseure findet Schölzke faszinierend, weil sie so unterschiedliche Herangehensweisen an ihren jeweiligen Stoff haben.

Auch die Aufnahmeleiter, die Ton- und Kameratechniker und alle Helfer rund um die Produktionen findet er hochinteressant. Daher beschränkt er seine Tätigkeiten auch nicht auf die Statisten-Rollen, sondern springt auch mal ein, wenn ein Set eingerichtet werden muss: So hat er jüngst eine Metzgerei als Kulisse mit ausgestattet – mit Plastikwürsten in der Auslage – und hilft manchmal beim Absichern des Drehorts, Sperren von Straßen, denn die Passanten würden schon gern gucken, was da so passiert, auch wenn ihnen nicht so bewusst ist, dass das bei der Arbeit stört.

Aus dem Nähkästchen

Natürlich kann der erfahrene Statist auch ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Anna Maria Mühe sorgt anfangs mal für einen „Zicken-Aufstand“, ist dann am Set aber „herzensgut“, Jan Josef Liefers ist sich bewusst, dass er klein von Statur ist, was auf dem Fernseh-Bildschirm gar nicht so erkennbar ist. „Ich weiß, was Sie sagen wollen, aber das will ich jetzt nicht hören“, ist ein gängiger Spruch des Tatort-Pathologen, wenn ein Komparse mit ihm ins Gespräch kommen möchte.

Senta Berger lernte er bei „Willkommen bei den Hartmanns“ kennen. Große Macken hat er an der Schauspieler-Spezies aber nicht festgestellt. „Die kommen auf einen zu, bedanken sich, dass man mitmacht“, kann er aus Erfahrung sagen. Oft ist es aber auch so, dass sie gar keine Zeit für die Umgebung haben, weil sie noch den Text für ihre nächste Szene lernen müssen, wenn sie schon am Drehort sind. Früher hat man die ganze Rolle einstudiert, heute geht es immer nur um kleine szenenangepasste Abschnitte, die für den nächsten Dreh abgerufen werden, weiß der Profi.

Kleidung aus dem Konzentrationslager

Dass man jede Szene im besten Fall vier Mal dreht, meist aber noch viel öfter, ist für ihn keine Neuigkeit mehr. Warum er so gefragt ist, und immer wieder gebeten wird, mitzumachen, ist ihm selber nicht so ganz klar.

Natürlich spielt seine Erfahrung in dem Bereich eine Rolle, sein Charakterkopf und auch seine Flexibilität. Vom Sandler, der unter der Brücke schläft, über den Mann aus dem Volk bis zu einer Figur bei den Passionsfestspielen in Neumarkt oder im Fichtelgebirgskrimi Siebenstern ist er für alles zu haben.

Und sicher ist seine Leidenschaft für den Part, den er gerade spielt, ausschlaggebend. „Ich steigere mich schon in die Rollen rein, setze mich auseinander“, gesteht er. So hat es ihn zum Beispiel sehr beschäftigt, dass die Sträflingsklamotten, die er in einer Rolle als verhafteter Jude im Dritten Reich tragen muss, nicht nachgeschneidert sind, sondern tatsächlich aus jener Zeit stammen und eine ganz eigene tragische Geschichte zu erzählen hätten.

Bezahlung durch Kaffee

Die Bezahlung für die Einsätze ist sehr unterschiedlich und kommt natürlich auf die Produktionsfirma an. Da man auch sehr viel warten muss, heißt es in Komparsenkreisen, wenn es um die Honorierung geht: „Das Kaffeetrinken wird bezahlt“.

Dazu kommen den Umständen entsprechend Gefahrenzulagen, Friseurbesuche, Zuschläge für Sprechrollen oder weitere Aufbesserungen, zum Beispiel wenn man nachts stundenlang Überstunden machen muss oder, was auch schon vorgekommen ist, wenn man mal ein polnisches Lied lernen muss, das im Film eine Rolle spielt. Reich wird man wohl eher nicht als Komparse, aber, so weiß Schölzke, „es gibt Rentner, die auf solche Zusatzjobs angewiesen sind“.

Der 64-jährige Mimberger dagegen sieht das pragmatisch und schmunzelt: „Manche geben für ihre Hobbies viel Geld aus, ich bekomme noch ein bisschen was dafür bezahlt“.

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