SPEIKERN – Eine seit Jahren überfällige massive Rodungsmaßnahme hat am vergangenen Wochenende bei einigen Einwohnern in Speikern für viel Aufregung gesorgt.
Das in den 80er Jahren angelegte Hochwasserrückhaltebecken zwischen Flurstraße und Ostendstraße hatte sich seither in ein regelrechtes Biotop mit dichtem Baumbestand verwandelt. Um die Funktionsfähigkeit des Rückhaltebeckens aufrechtzuerhalten, so die Diktion des Wasserwirtschaftsamtes, muss die Gemeinde den Bewuchs jetzt entfernen.
Zum Leidwesen vieler Anwohner in der Flurstraße, die jetzt „einen freien Blick auf das Gewerbegebiet an der Ostendstraße haben“, wie ein Speikerner sarkastisch sagte, und die Rodungsmaßnahme für überzogen halten.
Bürgermeister Jens Fankhänel machte sich nach den Anwohnerprotesten persönlich ein Bild von der Fällaktion, musste allerdings bei allem Verständnis für das Anliegen der Anwohner feststellen, dass die Maßnahme grundsätzlich so in Ordnung sei. Eingeschaltet war auch die Untere Naturschutzbehörde, die der Aktion, die wegen der Vogelbrut bis Ende Februar abgeschlossen sein muss, grundsätzlich ebenfalls nicht widersprochen hatte.
Hochwasser im Jahr 1987
Im Juli 1987 war das Schnaittachtal von einem schweren Unwetter heimgesucht worden (die PZ berichtete damals darüber). Dabei drang in Speikern das Wasser aus dem östlich gelegenen Hanggebiet der Erloh bis in die Ortsmitte vor. Circa 50 Keller und Gebäude standen unter Wasser.
Seit Herbst 2000 ist das Hochwasserrückhaltebecken (HWRB) in der Speikerner Flurstraße nun in Betrieb, um solche Überflutungen im Ort zu verhindern. Bei Unwetter soll das künstliche Becken die Wassermengen aufnehmen und tieferliegende Bereiche schützen.
Im Rahmen einer Begehung der sogenannten „technischen Gewässeraufsicht“ wurde 2019 festgestellt, dass besagtes HWRB nicht mehr den technischen Anforderungen entspricht. Auf Weisung des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes Nürnberg wurde die Gemeinde Neunkirchen deshalb angewiesen, „den funktionsfähigen Zustand des Beckens wiederherzustellen“.
Bis zur Brutzeit
Dies geschah jetzt durch die komplette Entfernung von Bäumen, Büschen und Sträuchern. Die Maßnahme muss jedoch bis spätestens 28. Februar abgeschlossen sein, da nach diesem Zeitpunkt Eingriffe dieser Art wegen der einsetzenden Vogelbrut gesetzlich verboten sind.
Für die Ausführung der Arbeiten wurde das Happurger Forstunternehmen Rebel beauftragt. Da schweres Gerät wie Bagger und Traktor zum Einsatz kamen, waren die extremen Minusgrade der vergangenen Tage der ideale Zeitpunkt. Der gefrorene Boden verhinderte das Einsinken der schweren Fahrzeuge, was wiederum Schäden am Untergrund verhinderte.
Anwohner kritisieren Kahlschlag
Die Arbeiten, die am vergangenen Freitag begannen, stießen vor allem bei direkten Anrainern, aber auch anderen Dorfbewohnern auf Unverständnis. Von Kahlschlag war die Rede, weil Sträucher, Büsche und große Bäume, vorwiegend Weiden und Erlen, radikal entfernt wurden.
„So einen brachialen Eingriff in die Natur hätte es in dieser Form so gar nicht gebraucht“, meint eine Anwohnerin. Mit dieser Abholzung, so ein Argument der Anwohner, wurde zahlreichen dort lebenden Tieren und Vögeln mit einem Schlag die Lebensgrundlage entzogen „und ein Biotop zerstört“. Auch von der Gemeinde gepflanzte Obstbäume wurden entfernt. Selbst wenn man die Maßnahme in Teilen nachvollziehen könne, hätte es doch genügt, nur den Beckengrund von Bewuchs zu befreien, und nicht auch noch Dammränder und Dammkrone.
„Aus dem Nichts“
Kritisiert wurde auch die „mangelnde Bekanntgabe dieser Arbeiten seitens der Gemeinde“. Für die Anwohner kam diese „Aktion“ so kurz vor Wochenende „völlig überraschend und aus dem Nichts“.
Bürgermeister Jens Fankhänel stellte sich am Samstag für persönliche Gespräche mit den Bürgern zur Verfügung. Gegenüber der PZ erläuterte er die Maßnahme. Die Gemeinde sei zwar Eigentümer des Geländes, den Weisungen des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes in Bezug auf Funktionstüchtigkeit des HWRB müsse sie aber nachkommen.
Beim Unterhalt des Bauwerks müsse sich aber auch die Gemeinde an geltende Vorschriften halten. Und deshalb genüge es nicht, nur alleine den Beckenboden vom Bewuchs zu befreien, sondern auch dessen Ränder samt Krone. Der Bereich, in dem jeglicher Bewuchs entfernt werden sollte, wurde der Gemeinde vom Wasserwirtschaftsamt vorgegeben. Dies bestätigte der PZ auch ein Sprecher des Wasserwirtschaftsamts Nürnberg.
Kein Biotop
Auch handle es sich bei dem Objekt um ein Hochwasserrückhaltebecken und keinesfalls um ein ausgewiesenes Biotop, das unter Naturschutz stehe, so Fankhänel. Der Bürgermeister wies auch die Kritik an mangelnder Information zurück. So wies die Gemeinde seit dem 2. Februar auf ihrer Internetseite und ihrer Facebook-Seite auf die geplante Maßnahme hin.
Auf Anfrage der PZ teilte das Landratsamt mit, dass die Naturschutzbehörde in das Unternehmen einbezogen wurde. Diese wird auch nach Abschluss der Arbeiten eine Prüfung vornehmen. Landrat Armin Kroder wurde in einem Brief einer Anwohnerin ebenfalls um eine Stellungnahme gebeten.
Für die Anwohner bleibt jetzt nur die Hoffnung, dass sich der gerade nicht sehr schöne Anblick in absehbarer Zeit wieder ändern wird, da es sich bei den gefällten Bäumen um rasch nachwachsende Arten wie Weiden und Erlen handelt. Dann könnten auch Kleintiere und vor allem Vögel das Areal wieder besiedeln.