Pläne für den Ausbruch der Schweinepest

Die nächste Pest

NÜRNBERGER LAND. Im Juni 2017 wurde die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen erstmals in der Tschechischen Republik festgestellt. Seitdem ist sie bis ins Baltikum, nach Polen und Belgien vorgedrungen – Deutschland hat sie somit „übersprungen“. Doch sie rückt der deutschen Grenze immer näher. Was passiert, sollte die ASP auch bei uns ausbrechen?

Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche. Alle Altersgruppen von Schweinen sind empfänglich für die Krankheit. Die ASP-Viren verursachen hohes Fieber, Appetitverlust und Blutungen in der Haut und den inneren Organen. Die Schweine sterben in der Regel nach zwei bis zehn Tagen.

Einen Impfstoff gibt es noch nicht. In der Schweinepestverordnung sind Impf- und Behandlungsversuche seuchenverdächtiger und -kranker Schweine verboten. Impfungen erfolgen nur dann, wenn sie genehmigt sind oder Forschungszwecken und Impfstoffprüfungen dienen.

Die Afrikanische Schweinepest überträgt sich vor allem über Maul und Rüssel. „Der Erreger verbreitet sich über infiziertes Material, wie Futter, Wasser oder kontaminierte Oberflächen“, sagt Christiane Klapdohr vom Veterinäramt Nürnberger Land. Die Übertragung über die Luft finde nur über kurze Distanzen statt und spiele eine eher untergeordnete Rolle.

Während das Virus sich in Ostafrika unter anderem über die Lederzecke überträgt, infizieren sich Haus- und Wildschweine in Eurasien vor allem durch direkten oder indirekten Kontakt miteinander: Die in Deutschland immer größer werdenden Wildschweinpopulationen begünstigen die Verbreitung, aber auch schweinehaltende Betriebe mit geringen Biosicherheitsmaßnahmen, wie für Wildschweine zugängliche Futterlagerung und Hygienestandards.

Auch der Mensch spielt eine große Rolle: Bei der Verfütterung von Speiseabfällen, die ursprünglich vom Schwein stammen, an andere Tiere können diese sich infizieren. Kleidung, Gummistiefel, Transportfahrzeuge oder Jagdmesser können den Erreger ebenfalls indirekt übertragen. „Um die Verbreitung möglichst zu unterbinden, sind wir alle zur Achtsamkeit aufgerufen“, so Klapdohr. In einer Risikobewertung von Mai 2020 stuft das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) das Risiko der Einschleppung der ASP nach Deutschland durch illegales Einbringen und Entsorgen von kontaminiertem Material als hoch ein. Auch Reisende oder Fernfahrer können den Erreger indirekt übertragen – etwa, wenn sie infizierte Schweinefleischreste in Mülleimer werfen. Weniger Gefahr droht durch Jagdtourismus oder mitgebrachte Trophäen.

Das Risiko, dass infizierte Wildschweine, die in der Nähe zu betroffenen Gebieten in Belgien und Polen leben, die Afrikanische Schweinepest nach Deutschland einschleppen, stuft das FLI hoch ein. Daher seien Schutzmaßnahmen in Betrieben mit Schweinehaltung und die Jagd der Wildschweinbestände wichtige Ansätze, um die Gefahr zu reduzieren, so die Veterinärin.

Die Jäger sind angehalten, verstärkt zu jagen und wachsam zu sein. „Jetzt  tummeln sich die Wildschweine auf den Feldern. Die Maispflanzen sind ein echter Leckerbissen für das Schwarzwild“, weiß Harald Gebhardt vom Jagdschutz- und Jägerverein Nürnberger Land.

Plan für den Ernstfall

„Für den Menschen ist das ASP-Virus ungefährlich“, sagt Klapdohr. Der Verzehr von Schweinefleisch ist somit unbedenklich. Für den nationalen und internationalen Handel jedoch müssen die Tiere seuchenfrei sein. Die Seuchenbekämpfung ist Gemeinschaftsaufgabe von Staat und Tierhaltern. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat deshalb einen Rahmenplan erstellt, der die Vorgehensweise im Fall des Falles genauestens beschreibt.

Ein Ausbruch der Tierseuche in Deutschland hätte erhebliche Folgen für die Schweinebestände und die Wirtschaft: Es würden Restriktionsgebiete errichtet und Handel, Waren- und Güterverkehr bei der Tierhaltung beschränkt. Auch für die Bewirtschaftung und Nutzung landwirtschaftlicher Flächen hätte ein Ausbruch weitreichende Folgen. „Der Export wäre tot und den ein oder anderen Landwirt könnte so ein Ausbruch die Existenz kosten“, sagt der Kreisobmann des Nürnberger Lands, Günther Felßner.

„Wird bei einem Hausschwein die ASP festgestellt, werden alle Schweine der betroffenen Bestände getötet und von der zuständigen Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt“, sagt Luisa Eberhardt vom Bayerischen Bauernverband. Die Umgebung würde in Sperrbezirke, mit einem Radius von mindestens drei Kilometern um den betroffenen Betrieb, und in Beobachtungsgebiete, mit mindestens zehn Kilometer Radius, eingeteilt. Tier- und Fleischtransporte in die Sperr- und Beobachtungsgebiete hinein oder heraus wären verboten. Andere Tiere aus dem Sperrgebiet dürften nur mit behördlicher Genehmigung verkauft werden. Für Betriebe im Beobachtungsgebiet gilt das die ersten sieben Tage ebenfalls.

Stellen Untersuchungen die ASP bei Schwarzwild fest, richten die Behörden ebenfalls Restriktionsgebiete ein: Ein „gefährdetes Gebiet“ wäre etwa 15 Kilometer rund um den Fundort, eine „Pufferzone“ etwa 45 Kilometer darum herum. Im „Kerngebiet“, mit etwa vier Kilometer Radius, könnten Förster zusätzlich Gebiete einzäunen und das Betreten beziehungsweise den Fahrzeugverkehr beschränken. Auch das Anlegen von Jagdschneisen wäre möglich. Selbst wenn der Erreger „nur“ beim Wildschwein festgestellt würde, so wäre der Handel mit Hausschweinen und deren Erzeugnissen aus diesen Gebieten verboten, so Eberhardt.

Sichere Lagerung

Weil der Erreger sich hartnäckig an Materialien hält, dürften Landwirte ihr Gras, Heu oder Stroh aus gefährdeten Gebieten nicht als Futter, Einstreu oder Beschäftigungsmaterial für ihre Schweine verwenden. Wenn nötig, kann die Behörde diese Regelung auch auf die Pufferzone ausweiten. Sie greift jedoch nicht, wenn die Naturerzeugnisse mindestens sechs Monate vor der Festlegung der Zonen geerntet und für mindestens sechs Monate sicher vor Wildschweinen gelagert wurden, ebenso wenn sie mindestens 30 Minuten mit einer Hitze von mindestens 70 Grad behandelt wurden.

Die Verwendung der Ackerbauerzeugnisse für Betriebe mit anderen Tierarten wie Rindern ist nicht eingeschränkt. Allerdings könnten die Behörden ein Betretungs- und Ernteverbot um den Fundort verhängen, an dem ein Wildschwein an ASP verendet ist. „Der Handel mit Rindern oder die Milchabholung in den Risikogebieten wäre nicht beschränkt“, so Eberhardt. Ein Bauer, der Schweine und andere Tierarten hält, muss die Erzeugnisse vom Feld, die für die Schweine bestimmt sind, getrennt lagern. Er müsste ebenso Desinfektionsmöglichkeiten bereit stellen.

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