Kulturpreisverleihung in Altdorf

Wieder nur auf Zeit?

Die Wespen um Karin Völkl (links) und Ernst Bergmann erhalten in diesem Jahr den Kulturpreis der Raiffeisenbank. Im Kulturtreff spielen sie unter anderem die Dialogszene „Der Radwanderführer“. | Foto: Stefan Gubitz2021/11/Altdorf-Kulturpreis-Wespen-Karin-Voelkl-Ernst-Bergmann-scaled.jpg

ALTDORF – Wie schon 2020 limitiert die Pandemie die Verleihung des Altdorfer Kulturpreises. Sie beeinflusst weniger den Abend selbst als das Gefühl, mit dem die Gäste nach Hause gehen.

Back for good, so war der Beitrag über die Kulturpreisverleihung im vergangenen Jahr überschrieben. Eine Anspielung auf den gleichnamigen Erfolgssong der Boyband Take That. Zu Deutsch: Für immer zurück. Damals, in der zweiten Oktoberhälfte 2020, feierten die Altdorfer Preisträger mit ihrem Publikum die Rückkehr auf die Bühne. Und damals wie heute fragen sich viele Kulturschaffende, wie lange dieses Comeback noch gut gehen mag. Unumstritten war die Verleihung der beiden Kulturpreise in der Stadtverwaltung nicht. Am Ende entschied man sich aber, die Veranstaltung im Kulturtreff am Baudergraben durchzuziehen: mit 2G und FFP2-Maskenpflicht, ohne Imbiss und Empfang.

Der Raiffeisenbank Nürnberger Land – neben der Stadt der zweite Kulturpreisstifter – genügten diese Maßnahmen offenbar nicht. Vorstandssprecher Swen Heckel und sein Team blieben der Veranstaltung aufgrund der aktuellen Corona-Lage fern. „Selbstverständlich akzeptieren wir diese Entscheidung“, sagte Bürgermeister Martin Tabor, der später am Abend den Preis der Bank stellvertretend überreichte. In seiner Begrüßung attestierte Tabor der Preisverleihung angesichts der vergangenen zwei Jahre „weit mehr als nur Symbolcharakter“.

Gerade die Kulturschaffenden haben laut Tabor in bisher nicht gekannter Weise gelitten und viele Existenzen standen und stehen noch immer auf dem Spiel. Den Kulturpreis möchte er deshalb als Zeichen verstanden wissen, „als Zeichen dafür, dass in unserer Heimatstadt Altdorf Kulturschaffende auch in Zukunft auf unsere Unterstützung und Wertschätzung bauen können“. In diesem Zusammenhang lobte er ausdrücklich die Kulturabteilung der Stadtverwaltung sowie einige Kulturformate: vom Kulturschock Festival für Jugendliche über die Kultour der Soulbuddies bis zum Virtuellen Künstlerhaus, das im kommenden Monat online gehen und Bürger mit Kunst- und Kulturschaffenden zusammenbringen soll.

„Ernst und humorvoll, unbequem und kritisch, niemals belanglos“

Dotiert sind beide Kulturpreise mit je 1000 Euro. Die Auszeichnung der Stadt geht in diesem Jahr an Ursula Muhr. In ihrer Laudatio lobte Else Seibert, Sprachdozentin der Vhs Schwarzachtal, die Altdorfer Buchautorin vor allem für deren Vielseitigkeit. Zum einen berichte sie von der erfüllenden und sehr befriedigenden Arbeit mit den Kindern und als Kinderbuchautorin, zum anderen schreibe und lese sie mit Freude für Erwachsene, „ernst und humorvoll gleichermaßen, niemals beliebig, oftmals unbequem und herausfordernd, nachdenklich, kritisch, einfühlsam, niemals belanglos oder gar trivial“. Als Beleg führte Seibert eine Reihe von Auszeichnungen an, die Muhr bereits erhalten hat.

Bürgermeister Martin Tabor und Karin Ebert vom Amt für Kultur und Tourismus (links) überreichen den Kulturpreis der Stadt an Buchautorin Ursula Muhr. Foto: Stefan Gubitz2021/11/Altdorf-Kulturpreis-Ursula-Muhr-scaled.jpg

Als Schwerpunkt von Muhrs Wirken hob sie deren Arbeit mit Kindern heraus. Beim sogenannten Storymailing schreibt und illustriert sie mit Schulklassen ganze Geschichten. Dabei gehen die Texte bis zu zehnmal hin und her. Persönliche Treffen im Klassenzimmer runden das Projekt ab. Muhr selbst beschreibe diese Arbeit als „oftmals anstrengend, aber absolut beglückend“.

Muhr bedankte sich beim Publikum im nur zur Hälfte besetzten Kulturtreff und las aus zwei Texten – darunter ihr neues Buch „Schöner Scheitern mit Hund“, das heute erscheint. Eine Glossen-Sammlung, die sie während der Pandemie geschrieben hat.

Der Kulturpreis zum 70-Jährigen

Kulturpreisträger der Raiffeisenbank in diesem Jahr sind die Wespen. Die Laudatio auf die Theatergruppe des Wallenstein-Festspielvereins am Samstagabend hielt Stadtrat Andreas Kasperowitsch. Er blickte auf die Entstehung der Formation, die nun schon 70 Jahre zurücklegt. 1950 fanden die ersten Festspiele nach dem Krieg statt, einigen Teilnehmern sei es jedoch zu wenig gewesen, nur alle drei Jahre auf der Bühne zu stehen. Die Wespen waren geboren. Seitdem spielen „teils äußerst divergente Persönlichkeiten zusammen sehr anspruchsvoll Theater, verschiedene Spielorte fordern von der Gruppe immenses Improvisationsgeschick, technische Neuerungen wie musikalische Stützen bringen Innovationen“, meinte Kasperowitsch und nannte die Wespen eine Institution und ein kulturelles Schwergewicht.

Wir sind nun schon seit Jahrzehnten gleichermaßen äußerst begeistert wie nachhaltig verwöhnt ob der künstlerischen Innovationskraft, des theatralen und theatralischen Könnens, der erstaunlichen Wandlungsfähigkeit, der kulturellen Vielfalt und des beachtenswerten Durchhaltevermögens, das von dieser Theatergruppe ausgeht.
Stellvertretend für die gesamte Gruppe spielten Karin Völkl und Ernst Bergmann zwei kurze Stücke und Spielleiter Richard Winter bedankte sich für die Auszeichnung. „Coronabedingt konnten wir letztes Jahr das 70-jährige Bestehen dieses Haufens nicht feiern, diese Preisverleihung ist doch eine wunderbare Entschädigung“, meinte Winter.

Wie sich die Vorschriften für kulturelle Veranstaltungen in den kommenden Wochen und Monaten auch darstellen mögen, die Stadt Altdorf möchte ihre Kulturschaffenden in Zukunft noch ein wenig stärker unterstützen. 2022 sollen im Kulturtreff nicht zwei, sondern drei Kulturpreise vergeben werden, erläutert Moderatorin Susanne Voss zum Abschluss. Neu sein wird der Nachwuchspreis Kultur, dotiert mit 500 Euro Preisgeld.

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