Pippo Pollina spielt im Altdorfer Wichernhaus

Notte italiana

Genial, was man aus einem Tamburin an Rhythmen herausholen kann: Pippo Pollina gibt ein Solo im Wichernhaushof. | Foto: Krätzer2018/07/Altdorf-Pollina-1.jpg

ALTDORF – Man hätte das Konzert im Hof des Altdorfer Wichernhauses auch mit „Mach’s noch einmal, Gertrud“ überschreiben können. Sechs Jahre nachdem sie sich als Veranstalterin mit einem großartigen Konzert verabschiedet hatte, organisierte Gertrud Schall mit ihrem Mann Helmut, besser bekannt als Schall & Rauch, ein weiteres. Damals waren Pippo Pollina, Werner Schmidbauer und Martin Kälberer zu deren Ehren nach Altdorf gekommen. Nun stand Pollina, langjähriger Künstlerfreund des Ehepaars Schall, mit Michele Ascolese (Gitarre, Bouzouki), Roberto Petroli (Saxophon, Klarinette) und Joscha Dutli (Schlagzeug) erneut auf der Bühne vor der Wallensteintribüne.

Es war ein Fest für alle der rund 600 Konzertbesucher und Fans, von denen viele über Jahre hinweg zum treuen Publikum von Schall & Rauch gehörten. Unter ihnen war auch der Pippo-Freundeskreis, eine Gruppe von rund 30 Leuten aus ganz Deutschland. Ein Fest auch für Gertrud Schall, die sich damit einen großen Wunsch zu ihrem runden Geburtstag erfüllte, ebenso für Pollina selbst. Er habe sie gebeten, nochmals einen Auftritt in Altdorf möglich zu machen, erzählte Schall, denn die Atmosphäre hätte ihm damals so gut gefallen.

Ein Geschenk für Fans, Freunde und für sich zum runden Geburtstag machte sich Gertrud Schall mit dem Konzert von Pippo Pollina in Altdorf. Hier gratuliert ihr gerade der Künstler, ein Freund seit Jahrzehnten.AltdWicher | Foto: Krätzer2018/07/Altdorf-Pollina-2-Schall.jpg

Sie ließ auch diesmal nicht zu wünschen übrig: ein lauer Sommerabend wie aus dem Urlaubskatalog. Langsam versankt die Sonne hinter den Mauern der ehemaligen Universität, tauchte den Hof in Licht und Schatten. Später färbte ihn Scheinwerferlicht, malte die Säulen und Nischen im Hintergrund in bunten Farben. Dazu Pollinas hinreißend gefühlvolle Musik, zu der er sich an Gitarre und E-Piano begleitet.

Über die Jahre hat sie nichts an Intensität eingebüßt. Sie wechselt zwischen fröhlichem Ohrwurm mit dem oft für italienische Lieder typischen Rhythmus, ist mal melodiöses Chanson, mal nachdenklich-melancholischer Ballade. Und wie er sie singt, mit seiner gelegentlich leicht rauen, dann wieder vollen, klingenden Stimme. Dazu das begleitende Trio, das ihr noch mehr Ausdruck verlieh, nicht zuletzt durch die berührenden Soli von Gitarre, Klarinette und Saxophon.

Der Maestro de la canzone

Pollinas überwiegend italienisch gesungene Liedtexte thematisieren Ereignisse und Gefühlswelten – ohne entsprechende Sprachkenntnisse bleibt das leider fragmentarisch. Gut, dass der Cantautore sie amüsant mit Anekdoten ausmalt. Dazu gehört seine Erfahrung mit Nordsee, die „erst am Nachmittag wieder da ist“. Für einen Italiener unvorstellbar. Ebenso seine Bekanntschaft mit George Moustaki, dem griechisch-französischen Chansonier, der für „Leo“ – eine Hommage an den Sänger Leo Ferrer – bei den französischen Versen half. Von dem gefühlt 50.000-mal gespielten „Caminando“ erzählt der Sänger und dass er es seit dem Nürnberger Bardentreffen 1986 bei jedem Konzert gesungen hat.

Ob zusammen mit der Band, ob allein am Piano oder solistisch bravourös mit dem Tamburin, ob eigene Komposition wie das großartige „Io non ho paura“ („Ich habe keine Angst“), ob Partisanenlied „Bella ciao“ oder die Pollina-Version von Jacques Brels „Dans le port d‘Amsterdam“: Der Vollblutmusiker und -sänger erweist sich als unglaublich variabel, gewinnt jedem Lied immer wieder neue Facetten ab. Der Maestro de la canzone lieferte einen wunderbaren italienischen Abend. Mit klasse Musikern und einem gelungenen Mix aus alten und neuen Liedern ließ er seine Zuhörer schwelgen.

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