GRÜNSBERG – Die Musik reißt mit, geht ins Ohr, mal swingend weich, wie feiner Korallensand unter den Füßen, mal melancholisch mit dem wehmütigen Charme einer alternden Diva. Melodien, die an Karibik, an spanische Nächte, an Strand, Palmen erinnern, an sommerliche Hitze, etwas an Kuba, an Havanna und seinen „Buena Vista Social Club“ oder an den brasilianischen Film „Orfeu Negro“ mit seinem „Manha de Carneval“.
Unter dem Motto „Magia del Sur – Zauber des Südens“ hatte der Kulturkreis Altdorf zu einem Konzertabend mit dem Stefan Grasse Quartett unter der Schirmherrschaft von „Der Bote“ ins Schloss Grünsberg eingeladen. Ursprünglich als Open-Air-Veranstaltung im Innenhof geplant sowie mit im Preis inbegriffenen Regencapes hatten die Veranstalter dann doch auf die schlechten Wettervoraussagen reagiert und das Konzert in die Kapelle verlegt. Bis auf den letzten Platz besetzt – einige Gäste hatten sich sogar auf der Holztreppe niedergelassen – schien diese fast aus allen Fugen zu platzen. Klein und intim der Rahmen, quasi ein privates Haus- oder Kammerkonzert, bei dem man die Künstler so hautnah erlebte, wie selten.
Bei soviel Atmosphäre und Nähe braucht es kein „Aufwärmen“, keine Vorlaufzeit, um in Stimmung zu kommen, um sich auf die Musik einzulassen und ihr zu ihren Ursprüngen zu folgen. Schon der erste „Klassiker“ – Robert Baden Powells „Canto De Ossanha“ – entfaltet seinen Zauber, nimmt mit seinem bekannten Gitarrenthema, seinem Rhythmus gefangen, swingt mit einer bezaubernden Leichtigkeit, wie sie brasilianischer Musik eigen ist.
Hervorragend wie die vier Musiker dies umsetzen, Stefan Grasse mit seiner Gitarre, Tobias Kalisch am Bass, Conny Sommer mit seiner Percussion und Radek Szarek am Vibrafon. Es sind „Hochkaräter“, die hier mit dem Nürnberger Musiker, Komponisten und Produzenten Grasse spielen, das hört, spürt und sieht man. Es mutet fantastisch an, wie der Musiker hier die verschiedensten Musikstile verknüpft und interpretiert, von klassischem Flamenco bis Jazz.
Bescheiden, dabei der Gruppe den musikalisch-rhythmischen Rückhalt liefernd, der Jazz-Bassist Kalisch, der mit seinen Bassläufen und Akkorden für eine gefühlvolle Untermalung sorgt. Mit Sommer sitzt ein Flamencospezialist und Meister des Cajon an der Percussion – einer, der den Rhythmus im Blut hat: ein besonderes Vergnügen bereitet Vibrafonist Szarek. Wie er mit seinen Klöppeln gefühl- und temperamentvoll über die Tasten wirbelt und dabei mit dem ganzen Körper seine Musik mitempfindet, das begeistert.
Ob in einem seiner Soli, als Begleitung oder im Duett mit der Gitarre wie beim facettenreichen „Verano potento“ – Frühling in Buenos Aires- von Astor Piazolla. Ein Thema im strengen Rhythmus, präzise wie ein Marsch mit charakteristischen Bassläufen, bei dem abwechselnd Gitarre und Vibrafon das Thema übernehmen und weiterentwickeln. Der quasi Siegeszug des Frühlings wandelt sich, wird zart, behutsam, meditativ, erinnert an frisches Grün, das sich der Sonne entgegen streckt. Schlagartig bricht alles zusammen. Langsam, zur spannenden Bassbegleitung im pulsierenden Rhythmus entwickelt die Gitarre filigrane Tonmuster mit Anklängen an spanische Musik, schlängelt, windet, wächst die Musik, um am Ende in einem fulminanten Tango auszuklingen.
Zwischen solch ausdrucks- und inhaltsstarke Stücke streut Grasse „Leichtes“, fröhliche Musik wie „Las Perlas Negras“ zu der man eigentlich Tanzen müsste. Doch „Magia del Sur“ beschränkt sich nicht nur auf Südeuropa und Lateinamerikanische Musik, hat nicht nur Flamenco, Rumba und Co im Gepäck, auch ein Musette-Walzer (Brise Parisienne) und fränkische Folklore in Form von neu vertonten Zwiefachen gemixt mit jazzigen und barocken Elementen erklingen an diesem Abend. Nach begeistertem Applaus, einigen Zugaben und Piazollas „Libertango“ endet dieser magische Abend, der von Happurg bis an die Copacabana entführte.