HERSBRUCK – Nur wenig ist in dieser Ausstellung wie gewohnt: Die Wände sind weitgehend leer, von kleinen Verstärkern an den Heizkörpern erklingen Befindlichkeitsbekundungen der Künstler, die Kunstwerke zeigen nicht das aus Galerien gewohnte Finish und es gibt keine formelle Rede zur Vernissage. Judith Schönhöfer, Vorsitzende der Anna M. Scholz Stiftung und Leiterin des K5 in der Kirchgasse, hatte sich mit zu den Akteuren an den Künstlerstammtisch gezwängt und begrüßte ihre zahlreichen Gäste von dort.
„Don’t panic – keine Panik!“, raunt es beschwörend allerorten in dieser Kunstschau. Es ist das in ein Holzbrettchen gravierte Mantra über dem im Obergeschoss befindlichen „Künstlerstammtisch“ und prangt als Button auf der Brust jedes der zehn Studierenden, die diese Ausstellung gestaltet haben. Der Virus-Panik, die derzeit viele umtreibt, begegnet man mit einem Fläschchen Desinfektionsmittel mit aufgeklapptem Deckel, das im Eingangsbereich die Vernissagebesucher erwartet.
Die lassen sich aber von Pandemie-Befürchtungen die Lust auf junge Kunst nicht verderben und kamen zuhauf: Stadtratsmitglieder und solche, die es werden wollen ebenso wie die arrivierten Künstler aus der Region, Verwandte und Mitstudierende der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, Alexander Bernhardt vom Community Radio Z aus Nürnberg und Neugierige.
Lob für Hersbrucker
Professor Michael Munding, aus dessen Klasse die meisten der Ausstellenden stammen, äußert sich anerkennend über das Interesse der Hersbrucker:„Wer geht denn heute noch hin und sieht sich Originale an? Das Bild auf dem Display genügt doch den meisten!“
Von dem Ärger, den man oft in Galerien und Museen beobachten kann, wenn eine Arbeit des 21. Jahrhunderts sich nicht sofort erschließt, ist nichts zu spüren – im Gegenteil. Mit viel guter Laune wird die Eröffnungsperformance verfolgt: Die Studierenden erheben sich summend von ihren Plätzen am „Stammtisch“ und huschen, die Besucher im Gefolge, nach draußen in den unbeleuchteten Innenhof. Auf einem Sims balancierend stellt sich jeder und jede namentlich vor, verliert einen Satz über die momentane eigene Befindlichkeit oder die allgemeine Wetterlage und schließt mit einem imitierten Tierlaut. „Kalkulierte Peinlichkeit“ nennt Professor Munding das.
Anschließend sehen sich die Vernissagebesucher gerne die Raffhalter für Gardinen an, die Alessia Pennavaria neben einem Vorhang nicht an der Wand, sondern am Boden montiert hat. Sie rätseln über die Mausefallen am Boden, die Dominik Gierl mit metallenen Klammern verbunden hat, ein weißes Klavier in Puppenstubengröße als Beigabe. Sie sehen sich auf dem Bildschirm an, wie Silja Beck auf einem Sitzball vor dem Laptop mitten im Pegnitzgrund sitzt und wer weiß was in die Tastatur tippt und begutachten die Geschirrberg-Stilleben, die Seher Özdemir fotografiert und koloriert hat.
Spiel mit Gegenständen
Das lakonische und augenzwinkernde Spiel mit Alltagsgegenständen und Kitschelementen ist vielleicht der rote Faden, der die sehr diversen Schaustücke verbindet. Man muss den Blick jedenfalls öfter einmal nach oben oder unten lenken, um die Ergebnisse begutachten zu können.
Schwülstige Sinnsprüche werden hoch oben an die Zimmerdecke verbannt, dort schwebt auch ein Rasenstück auf hauchfeinem Fadengeflecht, vieles liegt einfach auf dem Boden, es gibt drei Videos. Und ja: Malerei im klassischen Sinne gibt es auch. Die hat entweder „Dominik gemalt“ oder „Dominik hat sie nicht gemalt“, wie es sorgfältig auf die Landschaften gepinselt ist.
Sieht so der Blick junger Menschen von außen auf Hersbruck aus, die eine Woche lang durch Stadt und Umland gestreift sind und neben dem Blick auf den Hirschbrunnen und das Wassertor auch die Fackelmann Welt, einen Wurf Hundewelpen und die Hersbrucker Brauerei besuchten? Wie auch immer, dem K5 ist zu der Experimentierfreude mit einem zunächst unkalkulierbaren Ergebnis zu gratulieren und den Hersbruckern zu ihrer Aufgeschlossenheit.
Die Ausstellung ist noch bis 5. April jeweils samstags von 16 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 17 Uhr in der Kirchgasse 5 zu sehen. Sie endet am Sonntag, 5. April, mit einer Finissage um 14 Uhr. Die jungen Künstler sind vor Ort und lassen sich gerne auf die Arbeiten ansprechen.