SoulBuddies-Premiere: „Composers on Stage“

Bewegende Seite der Mystik

Musikalische Geschichtenerzähler: David Helbock (Piano) mit Dietmar Kirchner (Bass) und Drummer Andreas Wettstein, der nicht nur mit temporeichen Soli überzeugte. | Foto: Voss2016/12/david_1.jpg

ALTDORF – Manchmal passt es einfach, und Fragmente werden ganz zufällig zur Kulisse eines hinreißenden Erlebnisses. Die evangelische Kirchengemeinde in Altdorf besitzt einen Flügel, der derzeit im Altdorfer Autohaus Fleischmann untergebracht ist; eine mehr als willkommene Info, die die SoulBuddies von Pfarrerin Ursula Kronenberg erhielten. Die Inhaber-Familie Fleischmann war schnell bereit, den Konzertveranstaltern ihr Autohaus für die Premiere der neuen Reihe „Composers on Stage“ anzubieten. Und Olaf Forkel vom Jazz- und Kulturverein Burgthann machte das Ganze komplett: „Ihr habt einen Ort? Ich habe einen Künstler.“ Und was für einen.

Jung ist er, der Mann mit der Mütze, den sie den „musikalischen Geschichtenerzähler“ nennen: der österreichische Jazzpianist und Komponist David Helbock, der gemeinsam mit Dietmar Kirchner am Bass und Drummer Andreas Wettstein Herz und Taktgeber des „David Helbock Trios“ ist. Wie alle wirklichen Könner benötigen die drei Musiker bei ihrem Auftritt keine Show, um das Publikum mit ihrem grenzüberschreitenden Gänsehaut-Jazz im bis auf den letzten Platz besetzten Autohaus vom ersten Moment an zu erreichen.

Dann beginnt die Inspiration

„Into the Mystic“ ist der Titel ihres neuesten Albums, das sie an diesem Abend vorstellen. „Musik kann man rational verstehen oder man kann sie einfach emotional lieben“, sagt Helbock, für den Musik ein Mysterium bleibt, in dem rationales Denken endet, wenn die Inspiration beginnt. „Into the Mystic“ erzählt Geschichten um Götter, Helden und große und kleine Wunder und dass Helbock dabei auf elektronische Synthesizer-Sounds verzichtet, beweist einmal mehr die kraftvolle Virtuosität seiner „Inside Piano Sounds“, bei denen er mit spielerischer Leichtigkeit den Flügel-Korpus zu einem gänzlich unerwarteten Percussion Instrument werden lässt. Und damit verleiht er auch dem Intro, dem 2. Satz von Beethovens 7. Sinfonie, einen ganz eigenen, unter die Haut gehenden Klang.

Helbock begegnet dem Thema Mystik als „geheimnisvoller Reise nach innen“ auf diversen Ebenen: mal als tiefgründige Ballade „Eros“, die dem Gott der Liebe gewidmet ist, mal als fühl- und hörbare Geschichte „The world needs more heroes“, in der Helden einem Ruf folgen, um am Ende der Gemeinschaft zu dienen. Exakt diesem Szenario verleiht Helbock mit seiner Musik Gehör, kongenial ergänzt von Dietmar Kirchner und Andreas Wettstein: Als die Melodie anschwillt, nimmt das Bild des Helden Gestalt an, bevor sich seine Rückkehr in die Gesellschaft so still wie substanziell vollzieht. Vor der Pause gibt es dann noch mit „Down for the count“ eine musikalische Verbeugung vor Helbocks New Yorker Lehrer Peter Madsen, bei der Dietmar Kirchner mit sphärisch anmutenden Bass-Klängen das Publikum begeistert.

David Helbock nennt ihn eine „wichtige Inspirationsquelle“ für seine Arbeit: den amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell, der Lehrer von George Lucas war. Das wiederum hat Helbock in „Into the Mystic“ zu brillanten StarWars Interludes inspiriert, immer auf der Suche nach dem Blick hinter den Mythos und die damit verbundene eigene mystische Erfahrung. Ähnlich wie im Stück „The soul“ in Anlehnung an den persischen Dichter Hafis: Weil die Seele nicht in einem Körper habe gefangen sein wollen, sei Musik erschaffen worden. Um diese mit allen Sinnen erfahren zu dürfen, sei die Seele dann freiwillig in einen Körper eingetreten.

Als Helbock das letzte Stück des Abends ankündigt, erklingt irgendwo aus dem Publikum ein verblüfftes „Was?“ Vielleicht, weil es dem David Helbock Trio gelungen ist, einen magischen Moment zu schaffen, in dem Zeit und Raum sich im Klang von kraftvoll-kreativem Jazz verlieren. Zwei Zugaben beschließen ein besonderes musikalisches Erlebnis. Chapeau an die Künstler des Abends.

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